■ Lea Roshs Konferenzprojekt zu Massenvergewaltigungen
: Wenn es Schwestern zu gut meinen

Es hat schon so seine Tücken, wenn etwas durchorganisiert wird bis ins letzte Detail, bevor es einer breiteren Öffentlichkeit zu Gehör kommt. Auch Lea Rosh scheint diesem Organisationsprinzip verfallen. Kurz vor Weihnachten wurde einem kleinen Kreis bekannt gemacht, daß schon im Februar eine von ihr initiierte Internationale Frauenkonferenz in Zagreb die Massenvergewaltigungen in Bosnien-Herzegowina anprangern will. Bosnische, kroatische und serbische Frauen wurden an der Vorbereitung nicht beteiligt. Spätestens am letzten Samstag hätte auch Lea Rosh die Fragwürdigkeit ihres Alleingangs klar werden müssen. Vor allem die Wahl des Veranstaltungsortes Zagreb kann nur eine politische Fehlentscheidung sein. Doch auf den Protest kroatischer und serbischer Frauen reagierte die Leiterin des Hannoveraner Funkhauses des NDR nur kühl: „Ich lasse mir von Ihnen nicht verbieten, nach Zagreb zu fahren.“

Da wird nun also im Gefolge von Frau Rosh eine erlesene Riege weiblicher Polit-Prominenz – von Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth bis hin zu Herta Däubler-Gmelin und Waltraud Schoppe – nach Zagreb ziehen, um Frauen im ehemaligen Jugoslawien zu erzählen, wie medienwirksam gegen Vergewaltigungen vorgegangen werden kann. Feministische Entwicklungshilfe aus Deutschland für die armen Schwestern in Osteuropa? Daß kroatische Fraueninitiativen in Zagreb sich von der Rosh-Initiative überrumpelt fühlen, sagt wohl alles. Medienwirksam ist ein Ort wie Zagreb sicherlich. Schon heute treten sich hier Skandal-Journalisten auf der Suche nach vergewaltigten Frauen gegenseitig auf die Füße.

Mit einer internationalen Medienöffentlichkeit der Veranstaltung in Zagreb soll aber auch und vor allem Druck auf die Regierungen ausgeübt werden – auch auf die nationalistische Regierung Kroatiens, die das Problem Vergewaltigung am liebsten stillschweigend unter den Tisch kehren würde. Doch ob ein solcher Druck zustande kommt, bleibt mehr als fraglich. Eher besteht umgekehrt die Gefahr, daß die Konferenz von der kroatischen Propagandamaschine manipuliert wird.

Natürlich muß ein Internationales Frauentribunal die massenhaften systematischen Vergewaltigungen als Kriegverbrechen anprangern und Hilfsangebote einfordern, die auf die – sehr unterschiedlichen – Bedürfnisse der betroffenen Frauen zugeschnitten sind. Doch solch ein Tribunal sollte, unter Mitwirkung aller beteiligten Frauen, an einem für alle zugänglichen, neutralen Ort stattfinden. Warum Zagreb? Warum nicht Triest? Karin Flothmann