UN-Protest gegen kroatische Offensive

Ziel der Kraoten ist es, die als „rosa Zonen“ bezeichneten, von Serben besetzten Teile Kroatiens zurückzuerobern/ Rätselraten über Zeitpunkt des Angriffs  ■ Aus Zagreb Erich Rathfelder

Die Offensive kroatischer Truppen im dalmatinischen Hinterland nahe der Küstenstadt Zadar hat bei der UNO und bei der Unprofor, den UNO-Truppen im ehemaligen Jugoslawien, heftige Reaktionen ausgelöst. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte das Vorgehen der kroatischen Streitkräfte in scharfer Form und forderte die kroatischen Kräfte auf, sich zurückzuziehen.

Dennoch gehen die Operationen der kroatischen Streitkräfte weiter. Es geht ihnen nun nicht mehr nur darum, die für den Verkehr zwischen dem südlichen Dalmatien und den anderen Teilen Kroatiens so wichtige Maslenica- Brücke unter ihre Kontrolle zu bringen, sondern auch die Gebiete um diese Brücke herum wieder unter kroatische Hoheit zu stellen. Die Informationen aus dem Kampfgebiet fließen jedoch spärlich, offensichtlich beschränken sich die kroatischen Medien nur auf offizielle Mitteilungen.

Die Zerstörung der Brücke im serbo-kroatischen Krieg im Herbst 1991 traf Kroatien schwer. Nicht nur, daß seither der Verkehr zwischen Nord und Süd nur über Fährverkehr abgewickelt werden kann, den serbischen Einheiten war es zudem gelungen, sich bei Zadar bis auf fünf Kilometer an die Küste anzunähern. So bestand die Gefahr, daß eine militärische Offensive der serbischen Käfte Kroatien endgültig in zwei Teile zerschneiden würde.

Bei den nun umkämpften Gebieten handelt es sich um ehemals mehrheitlich kroatisch bewohnte Gebiete, die vor 18 Monaten von serbischen Streitkräften eingenommen wurden, jedoch ausdrücklich nicht zu jenen Zonen Kroatiens gehören, die im Zusammenhang mit dem Plan des UNO- Unterhändlers Vance als spezielle UN-Gebiete definiert wurden. Nach den von der kroatischen Seite offiziell akzeptierten UNO- Vorstellungen, sollten jene Gebiete Kroatiens, in denen eine serbische Mehrheit existiert, einen speziellen Status in Kroatien erhalten, bis zur Normalisierung jedoch unter UNO-Kontrolle bleiben.

Während der Verhandlungen im Herbst 1991 und auch noch danach versuchten jedoch serbische Einheiten weitere Gebiete zu erobern. Diese Gebiete wurde später als „pink zones“ (rosa Zonen) ausgewiesen und sollten Kroatien wieder angegliedert werden.

Dies ist jedoch nicht geschehen, weil die UNO-Truppen sich bisher nicht in der Lage sahen, die dort operierenden serbischen Streitkräfte zu entwaffnen. In der pink zone um Zadar, zu der neun Dörfer gehören, wurde damals die kroatische Bevölkerung – die 74 Prozent der Bewohner stellte — entweder getötet oder vertrieben, kroatischer Besitz wurde konfisziert. So berufen sich die kroatischen Politiker darauf, daß mit der Militäraktion nur ein rechtlich unhaltbarer Zustand beseitigt wird.

Dennoch wird in Zagreb heftig darüber spekuliert, warum die Aktion gerade jetzt unternommen wurde. Aus Unprofor-Kreisen war zu vernehmen, daß in den letzten Tagen ein Vertrag verhandelt wurde, der es den kroatischen Behörden erlaubt hätte, die Maslenica-Brücke zu reparieren und dem Verkehr wieder zu übergeben. Schon seit zwei Wochen hätte die kroatische Armee ihre Positionen in der Region verstärkt. Der Chefunterhändler der UNO in Kroatien, Thornberry, fand deshalb gegenüber der kroatischen Aktion keine freundlichen Worte.

Manche Beobachter glauben, die kroatische Regierung wolle mit dieser Aktion nun zeigen, daß die Kämpfe mit den bosnischen Truppen in Gronij Vakuf, die selbst bei den nächsten Freunden Kroatiens auf Kritik stießen, nicht bedeuteten, Kroatien habe sich mit Serbien arrangiert. Wahrscheinlicher jedoch ist, daß mit dem Vorgehen in Zadar die Fähigkeit der Serben zur militärischen Reaktion getestet wird. Denn angesichts der langen Fronten und der verstreut stattfindenen Kämpfe in Bosnien könnte es zu Schwachstellen auf der serbischen Seite kommen.

Die hysterisch laute Reaktion der serbischen Behörden aus Knin, aber auch aus Belgrad und Banja Luka, widersprechen dieser Annahme nicht. Übrigens sind Proteste der UNO gegenüber der Generalmobilmachung in der kroatischen Krajina und dem Raub von Waffen aus UNO-Lagern nicht bekannt geworden.Kommentar Seite 10