■ Mit der Bank von England auf du und du
: Regierungsspielzeug

London (taz) – In britischen Regierungskreisen ist „Unabhängigkeit“ ein Schimpfwort, wenn es um die Bank von England geht. Am Freitag ernannten Premierminister John Major und sein Finanzminister Norman Lamont den bisherigen Stellvertreter Eddie George zum neuen Direktor der heiligen Finanzinstitution und gaben ihm gleich eine Arbeitsplatzbeschreibung auf den Weg: Er habe die „Regierung in ihrem Bemühen zu unterstützen, die Inflationsrate langfristig zu senken“. Lamont machte dem 54jährigen George unmißverständlich klar, daß er sich eventuelle Hoffnungen auf eine unabhängige Geldpolitik abschminken könne.

Georges Stellvertreter wurde der 45jährige Journalist Rupert Pennant-Rae vom Wirtschaftsmagazin Economist. In seinen Kolumnen setzt er sich für eine unabhängige Bank von England ein, hat nun aber vorab resigniert: Er werde seine Meinung einbringen, sagte er, die Entscheidung liege bei den Politikern.

Auf den Finanzmärkten hat die Deutlichkeit, mit der Major und Lamont an ihrer Position festhalten, enttäuscht. Seit dem „schwarzen Donnerstag“ im vergangenen Herbst, als das Pfund in den Keller ging, ist die Lobby für eine unabhängige Bank gewachsen. Major und Lamont sind in Europa relativ isoliert, nachdem auch Frankreich die unabhängige Rolle der Zentralbank stärken will, wie es die Maastrichter Verträge verlangen. Doch die Währungsunion ist in Westminster ohnehin kein Thema.

George wird sein neues Amt am 30.Juni von Robin Leigh- Pemberton übernehmen, dessen Ruf wegen seiner permanent falschen Voraussagen eines Aufschwungs und seiner Verstrickung in die BCCI- Pleite gelitten hat. Doch auch George ist in diesen Skandal verwickelt, ist er doch seit 31 Jahren bei der Bank von England und seit 1990 ihr stellvertretender Direktor. An der Börse hat man dem Monetaristen den Spitznamen „harter Eddie“ gegeben. Sein Stellvertreter Pennant-Rae ist von 1973 bis 1977 in der Bank von England in die Lehre gegangen und arbeitet seit 1986 beim Economist: Auch er wird keinen frischen Wind in die britische Finanzpolitik bringen. Ralf Sotscheck