Wer brachte die tödliche Briefbombe?

■ Nach dem Mord an einer 24jährigen Frau aus der autonomen Szene in Freiburg ermittelt die Polizei „in alle Richtungen“/ Aufruf zu Protestdemonstrationen

Freiburg (taz) – „Wir nehmen keine Post von Nazis“, heißt es auf einem Aufkleber an der Wohnungstür von Kerstin Winter, die am Freitag nachmittag durch eine Briefbombe ums Leben kam. Vielleicht tat die Ermordete das Gegenteil, als sie das an sie adressierte Päckchen an sich nahm und öffnete. Zumindest die Autonome Szene in Freiburg nimmt an, daß es sich bei dem Anschlag um eine faschistische Tat handelt. „Es gibt keinen Grund zur Annahme, daß es kein faschistischer Anschlag war“, heißt es in einer Presseerklärung des „Autonomen Komitees Kerstin“ (AKK) und in einem Flugblatt heißt es: „Die Kripo kann noch keine konkreten Ergebnisse vorlegen und ,ermittelt in allen Richtungen‘, doch Kerstins politische Arbeit und die Art und Weise des Mordes legen die Vermutung nahe, daß es sich um einen Anschlag von Faschisten handelt.“

Nach den Ermittlungen der Polizei, die eine 17köpfige Sonderkommission gebildet hat, wurde die tödliche Bombe vor der Freiburger Zwei-Zimmer-Wohnung der Ermordeten in einem Normpäckchen der Post abgelegt. Zwei Bekannte, die die Wohnung gegen 16.15Uhr verließen, bemerkten die an Kerstin Winter adressierte Sendung und übergaben sie ihr. Die Detonation wurde durch das Öffnen des Päckchens ausgelöst. Die Getötete wurde von ihrem Freund, der sich im Inneren der Wohnung befand, zunächst schwerverletzt gefunden und verstarb, während dieser auf die Straße lief, um Hilfe zu holen.

Kerstin Winter, von Beruf Krankenschwester, war in der Antifa-Szene aktiv. Sie engagierte sich im Rahmen der „AZ-ini“ für ein autonomes Zentrum in Freiburg und kämpfte mit den „Punx gegen Langeweile“ (PGL). „Dieses Engagement war Teil ihres Kampfes für ein selbstbestimmtes Leben und eine herrschaftsfreie Gesellschaft“, heißt es in einem Demonstrationsaufruf mit dem Motto: „Wandelt Trauer in Wut und Wut in Widerstand!“

Am Freitag abend fand spontan eine Demonstration in der Freiburger Innenstadt statt. Über 500 Menschen drückten dort ihre Wut und Trauer über den „Mord an einer Antifa-Frau“ aus, wie auf Transparenten zu lesen war. Kundgebungen gab es am Samstag auch in Göttingen, Paderborn, Koblenz, Heidelberg und Karlsruhe.

Für heute sind in Freiburg und Berlin weitere Demonstration geplant.