Berlin gegen Solidarpakt

■ Kritik von Diepgen und SPD an Bonn

Berlin. In seltener Einmütigkeit haben CDU und SPD gestern die Vorschläge der Bundesregierung zum Solidarpakt kritisiert. Während der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) die Bonner Vorlage „bestenfalls einen Vorschlag für weitere Verhandlungen“ nannte und die Sicherung des Existenzminimums für Sozialhilfeempfänger forderte, wartete SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt im Rathaus Schöneberg gleich mit drei SPD- Senatoren auf, um die Kritik seiner Partei zu unterstreichen. Seine Forderungen: Berlin müsse sich in Kooperation mit den anderen Bundesländern um eine „Modifikation“ des Bonner Papiers bemühen. Neben einer Ergänzungsabgabe für Besserverdienende, der Erhebung einer Arbeitsmarktabgabe für Selbständige, Freiberufler und Beamte sollte außerdem die Senkung bei der Vermögensteuer ausgesetzt und im Verteidigungs- und Verkehrshaushalt eingespart werden. Angesichts der geplanten Steuererhöhungen und der Streichungen bei Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen drohe ansonsten eine „erhebliche soziale Schieflage“. Wirtschaftssenator Norbert Meisner vermißte in den Plänen der Bundesregierung neue Instrumente für eine „Trendwende“ in der ostdeutschen Wirtschaft. Die im Nachtragshaushalt vorgesehenen zusätzlichen 1,5 Milliarden Mark für die neuen Länder reichten bei weitem nicht aus, um die „Aufholjagd“ gegenüber dem Westen zu beginnen. Notwendig sei neben einer Absatzförderung für ostdeutsche Produkte auch der Erhalt des industriellen Kerns im Osten. Sozialsenatorin Ingrid Stahmer warnte davor, daß im Osten das „mühsam entstehende Vertrauen“ in den Sozialstaat durch die Vorschläge des Solidarpaktes zu erschüttern. Schon jetzt seien Kürzungen beim Wohngeld und der Sozialhilfe, deren Regelsatz in Berlin zwischen 494 und 509 Mark liege, nicht mehr hinnehmbar. Erhebliche Einsparungen könnte hingegen die Einführung einer gesetzlichen Pflegeversicherung bringen.

Arbeitssenatorin Christine Bergmann forderte die Bundesregierung auf, die Altschulden aus dem Wohnungsbau der ehemaligen DDR zu übernehmen. Es könne nicht angehen, daß dies von den Wohnungsbaugesellschaften getragen oder eventuell auf die Mieter umgeschlagen werde. sev