Haider legt in Graz zu

■ Stimmengewinn von acht Prozent bei Gemeinderatswahlen/ Volksbegehren

Wien (taz) – Die Freude über den Erfolg des Wiener Lichtermeeres gegen Fremdenhaß und das Anti-Ausländer-Volksbegehren vom vergangenen Samstag ist noch nicht verklungen, da kommen schon die nächsten Schreckensmeldungen von der Haider- Front. Am Sonntag gewann bei den Gemeinderatswahlen in Graz die rechtsextreme Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) acht Prozent dazu, womit sie über 20,3 Prozent der Stimmen in der Stadt verfügt. Die beiden österreichischen Regierungsparteien, die sozialdemokratische SPÖ und die konservative ÖVP, verloren in Graz stark. Mehrere Kleinparteien – darunter die rechtslastige „Autopartei“ und die Kommunistische Partei – zogen ebenfalls in den Gemeinderat der Hauptstadt der Steiermark ein.

Der Generalsekretär der SPÖ, dessen Partei in Graz acht Prozent der Stimmen und die absolute Mehrheit im Gemeinderat verlor, Josef Cap, kommentierte das Ergebnis lakonisch als „nicht erfreulich“. Es liege jedoch im „seit längerem in den Großstädten registrierbaren Trend“. Die Sozialdemokraten bleiben mit 34 Prozent (Verlust: acht Prozent) stärkste Partei, gefolgt von der Konservativen ÖVP mit 25 Prozent (Verlust: sechs Prozent). Trotz der sozialdemokratischen Verluste will SPÖ- Bürgermeister Alfred Stingel weiter im Amt bleiben, seine bisherige Koalitionspartnerin, die ÖVP, hat ihm bereits ihre Unterstützung zugesagt. Anspruch auf das Amt erhebt jetzt auch der Kandidat der FPÖ, Peter Weinmeister.

Zur allgemeinen Überraschung gewann in Graz die KPÖ erstmals seit den frühen 50er Jahren wieder zwei Sitze (zuvor einer) im Gemeinderat.

Zusammen mit den Autofetischisten, die ebenfalls über zwei Sitze verfügen, könnte sie damit das Zünglein an der Waage spielen. Eine Erklärung für den großen Sieg der Haider-Partei suchen Österreichs Kommentatoren vor allem in der langjährigen und undurchschaubaren Kungelei zwischen den beiden „Altparteien“ ÖVP und SPÖ, die in Graz wie auch in der Bundesregierung zusammenarbeiten. Haiders gegenwärtiges Lieblingsthema hingegen, die angebliche „Überfremdung“ Österreichs, spielt in der Steiermark, wo nur wenige Ausländer leben, eine untergeordnete Rolle.

Am Samstag, während des Wiener Lichtermeeres gegen Fremdenhaß, hatten die mehr als 200.000 TeilnehmerInnen immer wieder historische Parallelen gezogen. Immer wieder wurde Haider als „zweiter Hitler“ und seine Partei FPÖ als Gefahr für Österreich bezeichnet. Auch führende SPÖ- und ÖVP-Politiker hatten sich an dieser größten Demonstration der österreichischen Nachkriegsgeschichte beteiligt. Nur einen Tag später standen am Sonntag abend die Politiker von SPÖ, ÖVP und FPÖ in Graz vor den Fernsehkameras und sprachen über eine gemeinsame Stadtregierung. Fest steht schon jetzt, daß alle drei in gewohnter Eintracht den Grazer Stadtrat stellen werden.

Unterdessen begann gestern in Österreich das Anti-Ausländer- Volksbegehren der FPÖ. Bis zum 1.Februar können die ÖsterreicherInnen ein 12-Punkte-Programm unterschreiben, das unter anderem einen Einwanderungsstopp im Verfassungsrang, die Begrenzung ausländischer Schülerzahlen und eine Aufstockung der Fremdenpolizei vorsieht. Das „anständige Österreich“ will versuchen, diese Demonstration des Fremdenhasses möglichst klein zu halten. „Es ist ein Volksbegehren, und wir gehen nicht hin“, heißt es auf Plakaten, die in diesen Tagen ganz Wien schmücken. Dorothea Hahn