Giftgasprozeß droht das Ende

■ Gutachter erkrankt/ Heute Entscheidung über Abbruch

Darmstadt (AP) – Dem Darmstädter Prozeß um Giftgasexport in den Irak droht nach 47 Verhandlungstagen das vorzeitige Aus. Wie der Vorsitzende Richter Alfred Pani am Montag in der Sitzung mitteilte, wird der erkrankte Chemieprofessor Werner Richarz, einer der Hauptgutachter des Verfahrens, auf absehbare Zeit nicht mehr an der Hauptverhandlung vor der 13. Strafkammer des Darmstädter Landgerichts teilnehmen können. Das Gericht wird heute über die mögliche Aussetzung des gesamten Verfahrens entscheiden.

Richarz, emeritierter Professor der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, gilt als Experte für den Chemieanlagenbau und war von der Staatsanwaltschaft als Prozeßgutachter vorgeschlagen worden. Da die Gutachter die Beweisaufnahme komplett mitverfolgen müssen, dürfen sie in einem laufenden Verfahren nicht ausgetauscht werden. Die Staatsanwälte schlugen daher vor, einen neuen Gutachter zu suchen und die bisherige Beweisaufnahme zu wiederholen.

Die Anwälte der Angeklagten sprachen sich gegen die Berufung eines neuen Gutachters aus. Sie fordern, den Prozeß mit dem zweiten Hauptgutachter Kurt Dialer fortzusetzen. Der emeritierte Chemieprofessor der Universität München nimmt auf Vorschlag der Verteidigung an dem Verfahren teil. Gegen eine Aussetzung oder Wiederholung der bisherigen Verhandlung sprächen auch die enormen Prozeßkosten von bislang rund drei Millionen Mark, merkte ein anderer Verteidiger an.

Seit dem 27. April 1992 stehen acht Techniker und Manager mehrerer deutscher Firmen vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, in den 80er Jahren Anlagenteile und Grundstoffe für das irakische Chemiewaffenprogramm geliefert zu haben. Als illegaler Rüstungsexport könnte dies mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.