Wenn Karadžić in seiner Hotelsuite Hof hält

■ Der Serbenführer und die Medien

Genf (taz) – Guter Kontakt zu den Medien ist auch bei der Genfer Jugoslawienkonferenz inzwischen viel wichtiger als aktive, persönliche Teilnahme an den Verhandlungen. Das hat vor allem der bosnische Serbenführer Radovan Karadžić begriffen. Während sich der muslimische Präsident Alija Izetbegović und Kroatenführer Mate Boban gestern morgen brav zu von den Konferenzvorsitzenden Cyrus Vance und David Owen angesetzten Gesprächen über künftige Provinzgrenzen in den UNO-Palast begaben, schickte Karadžić nur einige zweitrangige Mitglieder seiner Delegation. Er selbst empfing in seiner Suite im Hotel „Interkontinental“ Journalisten zu Einzelgesprächen. Nach der Aufwertung, die der „Präsident“ der selbsternannten „Republik Serpska“ bereits in den letzten zwei Wochen erfuhr, als die internationale Staatengemeinschaft auf die Entscheidung seines „Parlaments“ über die von Vance und Owen vorgelegten Verfassungsprinzipien wartete, betreibt er nun mit Geschick seine Aufwertung in den Medien. Dabei gelingt es Karadžić immer wieder, Journalisten zu täuschen. Einen erfolgreichen Coup landete der Serbenführer in der neusten Ausgabe des Spiegels. Zusammen mit einem längeren Karadžić-Interview, das keinerlei Neuigkeiten enthielt, veröffentlichte das Hamburger Nachrichtmagazin eine Karte unter der Überschrift: „Neuaufteilung Bosnien-Herzegowinas nach dem UNO-EG-Friedensplan“. Diese Karte muß Karadžić dem Spiegel untergejubelt haben. Denn sie zeigt einen 30 Kilometer langen serbischen Korridor durch eine kroatische Provinz in Nordbosnien, der die beiden serbischen Provinzen im Nordosten und im Nordwesten verbindet. Dieser Korridor ist aber exakt die serbische Hauptforderung nach Veränderung des UNO/EG-Kartenentwurfs. Eine Forderung, die nicht nur von Izetbegović und Boban, sondern auch von den Konferenzvorsitzenden Vance und Owen entschieden abgelehnt wird. Andreas Zumach