„Yuppie-Crime“ oder das süße Leben der Mittelklasse Von Andrea Böhm

Das hatte frau sich etwas anders vorgestellt. Da wurde vor ein paar Wochen mit großem Tamtam die Nominierung der ersten Frau mit dem klangvollen Namen Zoe Baird für den Posten der US-Generalstaatsanwältin und Chefin des Justizministeriums gefeiert – und keine 48 Stunden nach der Vereidigung des neuen Präsidenten zieht der ihren Namen zurück und entschuldigt sich beim Volk, weil Zoe Baird, herrschende Gesetze mißachtend, zwei illegale Immigranten als Haushaltshilfen eingestellt hatte – für eine zukünftige Justizministerin schon der Form halber keine günstige Arbeitsvoraussetzung.

Jetzt hat Bill Clinton seine erste politische Bauchlandung – und die Amerikaner in diesem Zusammenhang ein neues Schlagwort: Yuppie-Crime. Ein Yuppie-Crime kann begehen, wer das nötige Kleingeld hat – in diesem Fall, um sich Immigranten als Dienstboten und Haushaltshilfen anzuheuern.

Weil Immigranten sehr viel billiger sind als Amerikaner, können sich nicht nur Doppelgroßverdiener wie die Bairds diese neue Version der Hausdiener leisten. Faustregel: Je südlicher die Stadt, desto süßer das Leben für die Mittelklasse. In Los Angeles, zentrale Anlaufstelle der Einwanderer aus dem sogenannten „Hinterhof“ der USA, kann sich kaum eine weiße Familie mit einem halbwegs passablen Einkommen ein Leben ohne Gärtner aus El Salvador, Babysitterin aus Guatemala, Putzfrau aus Mexiko oder Chauffeur aus Peru vorstellen. Wo es doch so preiswert ist und man nicht einmal die Sozialversicherungssteuer entrichten muß.

Viele behaupten, daß Amerikaner nach solchen Babysitter-Jobs Schlange stehen würden. Das tun sie nicht, was angesichts des branchenüblichen Durchschnittslohns von 4,06 Dollar pro Stunde auch nicht weiter verwunderlich ist. Nun gibt es in den USA aber rund 20 Millionen Kinder, auf die irgendeiner aufpassen muß – und nur 86.000 registrierte Krippen und Kindergärten. Später in der Schule ist der Nachwuchs auch nur den halben Tag aufgehoben. Jeder zweite Sechstkläßler (elf Jahre alt) in den USA spielt nach dem Unterricht „Kevin allein Zuhaus“. Hier stimmt was nicht mit Angebot und Nachfrage.

Konservative Geister und Mäuler machen für diesen Engpaß gerne alleinerziehende Mütter im besonderen und die Frauenbewegung im allgemeinen verantwortlich, schließlich würde sich das Problem ohne vorehelichen Sex und Berufstätigkeit der Frauen gar nicht stellen. Die einfachste Lösung wäre die genetische Entwicklung und Patentierung des Hausmannes, doch solange daran nicht gearbeitet wird, bleibt als Rettung nur die „Nanny“, die Kinderbetreuerin. Und die kommt aus den obengenannten Gründen in den meisten Fällen aus Süd- oder Mittelamerika, hat weder Aufenthalts- noch Arbeitserlaubnis, die sogenannte „Green Card“.

Daß sich an diesen kleinen Erleichterungen des alltäglichen Lebens nichts ändert, dafür sorgt die Einwanderungsbehörde: Sie hält die Zahl der Green Cards für solch subalterne Jobs schön knapp und damit die Nachfrage nach den billigen illegal aliens. Die Einwanderungsbehörde untersteht übrigens dem Justizministerium, dessen Chefin beinahe Zoe Baird geheißen hätte.