Viele Besuche erhalten die Freundschaft

■ Als reine Privatleute waren viele Politiker Gäste auf der Hazienda des Flugzeugbauers Grob/ Wie die politische Landschaft im Allgäu gepflegt wird

Mindelheim/München (taz) – Es gibt seit der Affäre um die Beschaffung des Höhenaufklärungssystems „Lapas“ eine Art neuer Zweiklassengesellschaft bei einflußreichen Politikern und Vertretern der Wirtschaft mit guten Kontakten ins Allgäu. Auf der einen Seite die Prominenten, die schon einmal eingeladen waren auf der Hazienda des Mindelheimer Flugzeugbauers Burkhart Grob, auf der anderen die, die noch nie in diesen Genuß gekommen sind. Heute ist bei so manchem Nicht- Eingeladenen eher Erleichterung herauszuhören, wenn es heißt: „Ich war noch nie in Brasilien.“ Denn die Gäste des Flugzeugbauers sind ins Gerede gekommen, an ihrer Spitze fraglos der bayerische Ministerpräsident Max Streibl, zweimal von Grob eingeladen (taz vom 23.1. 1993). Als am Montag Grüne und SPD nachbohrten, gab Streibl zu, daß sein alter Freund nicht nur den Aufenthalt, sondern auch die Flüge bezahlt hat. Der Ministerpräsident, zur Zeit seiner Reisen (1983 und 1987) noch Finanzminister, habe sich deshalb mit „großzügigen Gastgeschenken“ sowie auf Grobs Wunsch mit Spenden zugunsten von Sozialeinrichtungen in Sao Paulo revanchiert. Auf mögliche Subventionen oder Zuschüsse hätten Streibls „rein private Besuche“ keinen Einfluß gehabt.

Wenn sich herausstellen sollte, daß Streibl sein politisches Amt mit privaten Interessen verknüpft habe, müsse er zurücktreten, forderte inzwischen die bayerische Grünen-Chefin Margarete Bause.

Freundschaft, wie bei Streibl, war es auch beim Ex-Luftwaffeninspekteur und einstigen Nato-General Eberhard Eimler, daß er für rund 40.000 Mark eine schöne Brasilienreise antrat – auf Grobs Kosten. Und auch bei ihm hatte das natürlich überhaupt nichts mit beruflichen Dingen, etwa dem Höhenaufklärungssystem „Lapas“, zu tun, an dem Grob kräftig mitverdient. Doch nicht nur Landespolitiker und hohe Militärs waren zu Besuch in Brasilien, auch zahlreiche lokale Größen. Und seit aus Bonner CSU-Kreisen zu hören war „Da unten im Allgäu war doch schon der halbe Stadtrat auf Grobs Hazienda“, rätseln sie in Mindelheim, Grobs Firmensitz, und im zehn Kilometer entfernten Bad Wörishofen, Grobs Wohnort, welcher der beiden Stadträte wohl gemeint sein könnte. Der Mindelheimer Ex-Bürgermeister Julius Strohmayer war einer der Gäste auf der Hazienda, natürlich „ganz privat“. Daß nahezu alle Bauanträge der Firma ohne große Diskussionen den Stadtrat passierten, lag sicher auch nur an der hohen Qualifikation von Grobs Architekten. Und daß in Bad Wörishofen Anfang der achtziger Jahre dem Herrn Grob der damals von der örtlichen SPD heftig kritisierte Ausbau seiner stattlichen Villa im Außenbereich genehmigt wurde, hat auch nichts mit den Brasilienreisen einiger CSU-Stadträte aus Bad Wörishofen zu tun.

Norbert Merbeler, der CSU- Ortssprecher des Wörishofener Ortsteils Schlingen, wo Grob wohnt, versichert ausdrücklich, daß „die Einladung rein privat“ gewesen sei. Wenn Grob „Geld verdient, steckt er es der Allgemeinheit zu“, weiß der Kommunalpolitiker über den wohltätigen Flugzeugbauer zu berichten. Und daß Burkhart Grob zu den zehn größten Parteispendern der CSU gehört, hat ja schließlich auch Theo Waigel, wie dieser versichert, nicht zu dessen Gunsten Einfluß nehmen lassen.

Rein private Erholungsreisen waren die Urlaube in Brasilien auch für den Bad Wörishofener CSU-Fraktionschef, den bekannten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Albert Wanner. Dort hat er auch seinen alten Studienkollegen und Duzfreund Max Streibl getroffen, der es sich letztes Jahr im Oktober nicht hatte nehmen lassen, zu Wanners 60. Geburtstag nach Bad Wörishofen zu kommen, wo natürlich auch Burkhart Grob zu Gast war. Unbekümmertes Feiern war angesagt, verlieh doch bei dieser Gelegenheit Max Streibl das Bundesverdienstkreuz 1.Klasse an seinen Spezi Albert Wanner.

Für Albert Wanner ist das, was im Zusammenhang mit „Lapas“ und seinem guten Freund Burkhart Grob, der zu alledem schweigt, berichtet wird, eine Rufmordkampagne. Auch der Unterallgäuer Landrat Hermann Haisch (CSU) findet, daß es niemanden etwas angeht, wo ein Politiker seinen Urlaub verbringt. Schließlich hätten auch Politiker ein Recht auf ihre Privatsphäre. Haisch war es, der den Grünen-Kreisrat Ernst Merkle abblitzen ließ, als dieser in einer Ausschußsitzung nach den Brasilienreisen von Kreistagsmitgliedern fragte. „Ich bitte, keine Berichte zu der Frage zu geben“, forderte Landrat Haisch in öffentlicher Sitzung die Kreisräte auf. Seine eigene Reise nach Brasilien sei ausschließlich privater Natur gewesen und gehe niemanden etwas an.

Aber so kennt man ihn, den Landkreischef, der früher wegen seiner nachdrücklichen Art, sich bei jeder Gelegenheit in fotogene Positionen zu bringen, den Spitznamen „Dr. Hermann Binüberall“ trug. Als vor kurzem Haischs Freund Ludwig Gaum, Kreisrat und Transportunternehmer, wegen seiner Müllschiebereien ins Gerede und die Mühlen der Staatsanwälte geriet (taz vom 5.9. 1992, S.11), waren unter anderem auch die gemeinsamen Urlaube mit dem Müllsünder Gesprächsthema. Zunächst wurden die gemeinsamen Ferien von Haisch hartnäckig geleugnet, dann von Baum als eher zufällige Treffen bestätigt. Und schließlich war alles wieder reine Privatsache, unterste Schublade, danach zu fragen. Auf die lasche Überprüfungspraxis des Landratsamtes dem Müllschieber gegenüber hatte das natürlich niemals einen Einfluß. Klaus Witttmann