Bonn: Keine U-Boote nach Taiwan

Rüstungsexport nach Taiwan ist vom Tisch/ Außenminister setzte sich mit seinem Veto gegen die U-Boot-Lieferungen durch/ Kohl und Kinkel sind sich einig  ■ Von Hans-Martin Tillack

Bonn (taz) – Der Einsatz von Gerhard Schröder war vergeblich. Anders als von dem niedersächsischen SPD-Ministerpräsidenten gewünscht, wird die Bundesregierung das umstrittene U-Boot-Geschäft mit Taiwan offenbar nicht genehmigen.

Ein Bericht des Stern, wonach sich Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Außenminister Klaus Kinkel (FDP) bereits auf ein Nein zu dem Taiwan-Geschäft verständigt hätten, wurde gestern in Bonn offiziell nicht bestätigt, aber auch nicht dementiert.

Zwischen den beteiligten Bonner Ministerien war bis zuletzt umstritten, ob der Howaldtswerke Deutsche Werft AG die Lieferung von zehn U-Booten und zehn Fregatten genehmigt werden soll. Während der ehemalige Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) dafür plädiert hatte, den 12,5-Milliarden-Auftrag zu bewilligen, wandte sich sein Parteifreund Kinkel, so heißt es im Auswärtigen Amt, „ganz dezidiert dagegen“. Mit einer Genehmigung dieses Geschäfts könnten die Bonner Rüstungsexportgrundsätze „total ausgehöhlt“ werden, fürchtete man im Außenministerium.

Waffenlieferungen an das mit der Volksrepublik China verfeindete Taiwan würden das Prinzip verletzen, Rüstungsexporte in Krisengebiete nicht zuzulassen. Darüber hinaus, so wurde gestern in Bonn bestätigt, fürchtet Kinkel Schäden für das von ihm besonders gepflegte deutsch-chinesische Verhältnis. Waffenlieferungen an Taiwan könnten Deutschland „den gesamten China-Markt versperren“, zitierte der Stern Analysen des Auswärtigen Amtes. Sogar ein Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch Peking sei als mögliche Konsequenz von Rüstungslieferungen nach Taiwan denkbar.

Am Donnerstag um 11Uhr tritt der Bundessicherheitsrat zusammen, um die formelle Entscheidung über das Taiwan-Geschäft zu fällen. Das Gremium, dem neben Kohl, Kinkel und dem Wirtschaftsminister auch Finanzminister Theo Waigel (CSU), Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), Verteidigungsminister Volker Rühe und Innenminister Rudolf Seiters (beide CDU) angehören, ist angeblich „so geheim, daß es sich sofort nach seinem Zusammentreten in Luft auflöst“.

Dennoch verweisen einschlägige Bonner Kreise bereits auf ein „Indiz“ für eine negative Entscheidung des klandestinen Ministerzirkels: Regierungssprecher Dieter Vogel habe unlängst darauf hingewiesen, daß der Bundessicherheitsrat noch nie gegen die Stimme eines wichtigen Ministeriums entschieden habe.

Dem Bundeskanzler dürfte die Entscheidung dadurch erleichtert werden, daß neben Kinkel auch die Außenpolitiker der CDU intern Widerstand gegen das U-Boot-Geschäft angemeldet hatten. Sie verweisen warnend auf das negative Beispiel Frankreichs. Die Nachbarn hätten ihre Rüstungsindustrie in derart hohem Maß von Exporten abhängig gemacht, daß der Pariser Außenpolitik kaum noch Spielraum bleibe, auch einmal nein zu sagen. Die Folgen mußte Frankreich im Fall Taiwan unlängst spüren.

Für die Lieferung von 50 Mirage-Kampfflugzeugen an die Inselrepublik bestrafte China die Franzosen mit der Schließung ihres Konsulats in Kanton.

Der niedersächsische Ministerpräsident Schröder hatte vergangene Woche fast einen Bruch seiner rot-grünen Koalition provoziert. Trotz heftiger Proteste der Grünen hielt er an seiner Unterstützung für das Taiwan-Geschäft fest, um den notleidenden Werften zu helfen.

Die Bereitschaft, die Wirtschaft mit Rüstungsexporten anzukurbeln, zeigt in einer Schröders Engagement vergleichbaren Weise nur die CSU in Bonn.

Der neue CSU-Landesgruppenchef Michael Glos war kurz vor seiner Wahl mit der Forderung aufgetreten, die „vielfältigen Bremsen im Bereich des Rüstungsexports“ zu lockern, um die Konjunktur zu fördern.