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"Mehr Geld ausgegeben als eingenommen"

■ Vorstand der Stiftung Alsterdorf will sich erweitern und meint, die Mitarbeitervertretung sei schuld am Spendenrückgang

will sich erweitern und meint, die Mitarbeitervertretung sei schuld am Spendenrückgang

Fehler gibt der Vorstand der Evangelischen Stiftung Alsterdorf zu, will aber dennoch nicht zurücktreten. Die größte norddeutsche Behinderteneinrichtung war im Sommer 1992 wegen Mißwirtschaft und überhöhter Vorstandsgehälter scharf kritisiert worden. Kurt Ziebold, der Oberkirchenrat und Vorsitzende des Alsterdorfer Stiftungsrates, räumte gestern Planungsfehler in der Vergangenheit und ein Defizit von 38 Millionen Mark ein.

„Tatsächlich wurde von 1979 bis 1990 mehr Geld ausgegeben als eingenommen“, sagte Vorständler Peter Buschmann. Insbesondere Fehlinvestitionen auf dem Gelände hätten den Etat belastet. „Die Küche und die Wäscherei schreiben rote Zahlen“. Auch das 1984 gebaute 50 Millionen Mark teure sogenannte „216-Bettenhaus“ ist laut Buschmann ein „inhaltlicher und betriebswirtschaftlicher Flop“.

Einen Rücktritt des gesamten Stiftungsrates als Konsequenz aus dem Eklat zieht Ziebold nach wie vor nicht in Erwägung. Der Vorstand hält vielmehr an seinen Plänen fest, das Vorstandsgremium von drei auf vier hochbesoldete Mitglieder zu erweitern und sucht deshalb einen neuen Vorsitzenden, der Pastor sein muß, sowie einen Pädagogen, der für die Behindertenhilfe zuständig sein soll.

Schritte zur „Konsolidierung und Sanierung“ der Stiftung seien eingeleitet, erklärte Buschmann, er blicke „optimistisch“ in die Zukunft. Lösungen für akute Probleme, etwa mit der unrentablen Großküche oder mit der Wäscherei, lägen bereits in den Schubladen. Entlassungen seien in diesen Bereichen zwar nicht geplant, möglicherweise aber Umbesetzungen.

Die öffentliche Debatte vom Sommer letzten Jahres habe Spendenverluste von bislang 1,5 Millionen Mark verursacht, beklagt Buschmann. Aus Sicht des Vorstandes stellt sich der „Skandal um Alsterdorf“ vor allem als ein Problem der innerbetrieblichen Auseinandersetzung, insbesondere mit der Mitarbeitervertretung (MAV) dar.

Es sei absurd, die Mitarbeitervertretung zum Sündenbock dafür zu machen, daß die Spendengelder zurückgehen, so der Hamburger ÖTV-Bezirksvorsitzende Wolfgang Rose gegenüber der taz, das hieße „den Boten zum Täter zu machen“. An der Misere seien die schuld, die den Karren in den Dreck gefahren hätten und nicht diejenigen, die darüber eine öffentliche Diskussion herbeigeführt hätten.

Die MAV, monierte Vorstandsmitglied Peter Buschmann, sei allenfalls von 20 Prozent der Beschäftigten gewählt worden, und viele ihrer Behauptungen seien falsch. Dabei ist ihm wohl entfallen, daß im August eine MitarbeiterInnenversammlung von rund 500 in Alsterdorf Beschäftigten nahezu einstimmig den Vorstand und den Stiftungsrat für Mißwirtschaft und mangelhafte Betreuung der Behinderten verantwortlich gemacht und deren Rücktritt gefordert hatte. Vera Stadie

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