: Der neueste Akt im SAGA-Spektakel
■ Voscherau will Mietenstopp von 1987 juristisch prüfen lassen / CDU und FDP verließen die Bürgerschaft / GAL blieb
juristisch prüfen lassen / CDU und FDP verließen die Bürgerschaft / GAL blieb
Eine Regierungspartei, die ungestraft Wählerstimmen kauft, somit die Hamburger betrügt. Dazu eine Opposition, die die Wähler anlügt. Abgeordnete, die als Bullterrier fungieren. Ein Bausenator, der die Gesetze bricht. Folglich sind die Bürger dumm, von denen 66 Prozent immer noch zur Wahl gehen. Das politische Hamburg im Spiegelbild der gestrigen Bürgerschaftsdebatte zum Thema SAGA.
Es sollte um die SAGA gehen, genauer darum, ob der SPD-Senat 1987 wenige Wochen vor den Wahlen gegen die Landeshaushaltsordnung verstoßen hat, als er einen Stopp für die Sozialmieten verfügte, ohne die Bürgerschaft damit zu befassen. Trauriger Höhepunkt des über zweistündigen Schlagabtauschs: Die Abgeordneten der CDU und der FDP verließen den Plenarsaal, als Bürgermeister Henning Voscherau der Opposition vorwarf, die Diskussion um das städtische Wohnungsbauunternehmen „scheinheilig und verlogen“ zu führen. Die zurückgebliebene GAL hörte dann Folgendes: „Klammheimlich“ so der Senatschef, habe er damit gerechnet, daß die anstehende Wiederwahl Robert Vogels zum FDP-Vorsitzenden die Weichen für eine rot-grüne Koalition nach 1995 stellen würde. Nach dem bisherigen Verlauf der SAGA- Debatte frage er sich allerdings, „wie tief die GAL gesunken sei“.
Denn die Grünen hatten dem Senat in Gestalt von Bausenator Eugen Wagner zu Beginn der Debatte vorgeworfen, durch den 87er Mietenstopp „einen gigantischen Wahlbetrug begangen zu haben“. Zur Erinnerung: Die Wahlen im Mai 1987 waren nötig geworden, weil sich beim vorhergehenden Urnengang Ende 1986 keine klaren Mehrheitsverhältnisse ergeben und die SPD reichlich Stimmen verloren hatte. Der Mietenstopp zwischen den Wahlen bedeutet auch für CDU-Fraktionschef Rolf Kruse einen „schamlosen Machtmißbrauch“. FÜr seinen Unionskollegen Fritjof Kelber hat Bausenator Eugen Wagner damit „die Landeshaushaltsordnung mit Füßen getreten.“ Einen Verstoß gegen diese Landeshaushaltsordnung hatte diese Woche auch der Landesrechnungshof konstatiert.
Dies muß nach Ansicht des Bürgermeisters von Juristen geprüft werden. Voscherau verteidigte die damals von der Opposition nicht kritisierte Entscheidung. Sie sei im Sinne des „kleinen Mannes“ gewesen, stellte sich Voscherau vor seinen Bausenator und die SAGA. Sie sei ein Instrument der Wohnungs-
1politik und deshalb nicht ausschließlich nach dem Gesichtspunkt der Betriebswirtschaft zu führen. Das sieht FDP-Chef und Immobilienmogul Robert Vogel anders. Er zitierte aus einem Bericht des Un-
1ternehmensberaters Roland Berger von 1988: zu hohe Verwaltungkosten, zu wenig Effizienz, kein Konzept. Bergers Reformvorschläge, so Vogel, seien verworfen worden. Was wiederum Bausenator Wagner
1auch gestern überhaupt nicht anfocht. Er zeigte sich einmal mehr „froh und stolz“ über seine Wohnungspolitik und sieht die SAGA auf dem Weg der Besserung.
Uli Exner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen