Vergewaltigte Kinder

■ betr.: "Sie gehorchten ihm aufs Wort", taz vom 14.1.93

Betr.: „Sie gehorchten ihm aufs Wort“, taz vom 14.1.93

[...] 54 Kinder belasten den gleichen Mann, wie ich annehme, durch detaillierte Schilderungen seiner Taten. Die ganzen Abscheulichkeiten scheinen sich zudem noch in einem „Komplex“ von fünf weiteren Angeklagten (auch Frauen) und „20 weiteren Tatverdächtigen“ abgespielt zu haben. Da frage ich mich allen Ernstes, warum ein Artikel erscheint, der die Kritik der Verteidigung an den Zeugen und die Zweifel an den Aussagen der Kinder aufgreift und die „zerstörerischen Wirkungen des gesamten Komplexes“ am Beispiel einer von den gleichen Kindern beschuldigten Zeugin darstellt.

Kein Wort über die zerstörerischen Wirkungen solcher Verbrechen bei Kindern, kein Wort über das aberwitzige Maß an Kinderpornographie in Deutschland, kein Wort über die inzwischen gut organisierte „Pädo-Szene“, kein Wort über die juristischen Unzulänglichkeiten hinsichtlich sexuellen Mißbrauchs an Kindern (zum Beispiel Straffreiheit bei Besitz oder Tausch von Kinderpornos) und kein Wort über die Not sexuell mißbrauchter Kinder, die ihre fürchterlichen Erlebnisse nicht nur Eltern, sondern auch Psychologen, juristischen Gutachtern und Gerichten mehrfach immer wieder erzählen müssen.

Dieser Artikel ist kein Dienst an Kindern, schon gar nicht an sexuell mißbrauchten. Hans-Dieter Dejon,

Neunkirchen

Es gibt ein gutes Buch von E.A. Rauter mit dem Titel „Vom Umgang mit Wörtern“. Sehr zu empfehlen für JournalistInnen und RedakteurInnen. [...]

Einer der Hauptgrundsätze, die Rauter empfiehlt, lautet: Wenn du empört bist, schreibe auf, worüber du dich empört hast, und teile deinen LeserInnen nicht bloß mit, daß du empört bist.

Walter Jakobs, der uns neulich seine Sorge über das Schicksal seines von ihm in den Krieg geschickten Sohnes mitgeteilt hat, ist sehr empört über zigfachen sexuellen Mißbrauch von Kindern. Diese Empörung schreibt er sich von der Seele: Ein Erzieher habe „über Jahre hinweg ihm anvertraute Kinder auf widerlichste Art sexuell mißbraucht“. Als ob der Mißbrauch nicht schon schlimm genug wäre. Wegen der Sensation muß es schon die „widerlichste Art“ sein.

Und statt den dummen LeserInnen die Wertungen selbst zu überlassen, entschuldigt W.J. sich gar für die Schilderung der Realität: „Einige der in der Anklage enthaltenen Abscheulichkeiten müssen hier genannt werden.“ Als ob die Schilderung von Realität nicht gerade die Aufgabe eines Journalisten wäre. Aber wenn ich richtig verstanden habe, läuft so etwas in der taz unter der Rubrik „Meinungsfeature“. Da fällt es dann nicht so auf, daß sich jemand vor allem um die eigene Empörung dreht.

Die Sprache, die Sprache: Was wäre denn, bitte schön, sexueller Gebrauch der vergewaltigten Kinder gewesen? Richard Kelber, Mitglied des

Rates der Stadt Dortmund