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Standbild"Polit-Unterhaltung"

■ Rechtsradikale in den Medien, West 3, Dienstag, 23 Uhr

Rechtsradikale in den Medien, West3, Dienstag, 23 Uhr

Die Debatten in den Redaktionen waren hitziger und „sehr ernsthaft“, merkte Stern-Herausgeber Rolf Schmidt-Holz an. Doch die WDR-Diskussion wirkte ein wenig müde, ein wenig verspätet, ein wenig wie das Fernsehen selbst: Zu Zeiten von Rostock und Mölln Bilder von Gewalt und Entsetzen den ganzen Tag – und Wochen später kurz vor Mitternacht die Frage, wie haben wir diese Bilder gemacht, und wie wirken sie eigentlich?

„Totschweigen oder anprangern“ war die JournalistInnen- Debatte überschrieben. Und war damit – wie die im rechten Milieu äußerst kundige Journalistin Franziska Hundseder meinte – genauso „aufgebauscht“, wie in der täglichen Berichterstattung Action-Bilder von Neonazis den Blick auf den Rechtsruck der gesamten Gesellschaft zu verstellen drohten. Hundseder plädierte für die sachliche Berichterstattung, für die aufwendige Hintergrundrecherche und die ruhige Hand an der Kamera. Wie berichtet man über alte und neue Nazis, die Auschwitz leugnen, ohne ihnen eine Bühne zu bieten? Wie erreicht man, daß für Auftritte Rechtsradikaler vor der Kamera kein Geld mehr bezahlt wird?

Neben Schmidt-Holz und Hundseder waren Stefan Aust von „Spiegel-TV“, Klaus Bednarz von „Monitor“ und der Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter geladen, dem die Rolle des kritischen Supervisors zukam. Er war es, der – als man sich in Moral zu überbieten suchte – darauf hinwies, daß doch Action die Einschaltquoten bringe und sich die MacherInnen noch auf dem Weg zum Studio offener, nämlich über die Machart „spannender Polit-Unterhaltung“, ausgetauscht hätten.

Aust mimte den schneidenden Pragmatiker und wies alle Vorwürfe in Richtung Action-TV zurück. Bednarz meinte im „Monitor“-Tonfall, daß er den Kollegen Schmidt-Holz um seine „Selbstsicherheit“ beneide. Der hatte zuvor gesagt, er „stehe zu jeder Seite, die der Stern gedruckt hat“. Medien wie sein Magazin, der Spiegel oder „Monitor“ hätten das „Phänomen Rechtsradikalismus summa summarum ganz gut bewältigt“. „Mich stört“, konterte Bednarz, „schon das Wort ,bewältigen‘.“ Denn die Wirkung eines Beitrags könne kein Journalist wirklich absehen: „Die Kamera kann Aufklärerin, Voyeurin oder Anstifterin sein.“ Wichtig bleibe, in jedem Fall neu zu überlegen, was man erreichen und bewirken könne. Und dies nicht nur, wenn das Thema Rechte Hochkonjunktur habe. Bettina Markmeyer

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