Deutsches Gift verseucht Rumäniens Trinkwasser

■ Noch immer lagern 425 Tonnen Giftmüll in Siebenbürgen/ Bayern, Saarland und Schleswig-Holstein wollen sich nicht an den Kosten zur Rückholung beteiligen

Bonn (taz/dpa) – Noch immer lagern mindestens 425 Tonnen illegal exportierter Giftmüll aus Deutschland in Siebenbürgen. Obwohl der Bund und die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) versprochen hatte, die leckenden Fässer Anfang des Jahres mit Zügen zurückzuholen, ist nach wie vor unklar, wann die mehr als zwei Millionen Mark teure Aktion stattfinden kann.

Grund der Verzögerung: Die Länder Bayern, Saarland und Schleswig-Holstein sind nicht bereit, ihren nach dem „Königsteiner Schlüssel“ festgelegten Anteil zu bezahlen. Bayern habe keine einzige Tonne dieses Sondermülls exportiert, argumentierte die bayerische Landesregierung. Greenpeace, das die Müllschieberei im letzten Jahr aufgedeckt hatte und in einer spektakulären Aktion die ersten Fässer zurückgeholt hatte, mag dieser Argumentation aber nicht folgen: Aus Bayern seien die meisten Transporte über eine Nürnberger Scheinfirma namens NOLU nach Rumänien gegangen. Auch die saarländische Regierung könne ihre Hände nicht in Unschuld waschen. Umweltminister Jo Leinen habe noch im März letzten Jahres einer bereits damals als kriminell bekannten Giftmüllfirma Exporte nach Rumänien schriftlich genehmigt.

Ein Teil der in Papiersäcken, Pappkartons und -trommeln verrotteten Chemieabfälle bedroht akut die Trinkwasserversorgung in mehreren Dörfern im rumänischen Kreis Hermannstadt (Sibiu). In ein Behelfslager eingedrungenes Schmelzwasser hat die giftigen Substanzen aufgelöst, so daß sie ins Grundwasser durchsickern können, meldeten die rumänischen Behörden. Letzte Woche hatten die DorfbewohnerInnen eine Demonstration veranstaltet, in der sie die sofortige Abholung der Tonnen verlangten. Der Kreisrat hat seine Abgeordneten aufgefordert, Protestbriefe nach Bonn zu schicken.

Im vergangenen Jahr war der Giftmüll, darunter Pflanzenschutzmittel aus der früheren DDR sowie Altöle und Lackabfälle, mit falschen Papieren von Deutschland in das Balkanland verschoben worden. Ursprünglich hatten die deutschen Ministerialen aus dem Bundesumweltministerium angeregt, eine genaue Bestandsaufnahme zu machen und die giftigen Stoffe zwischenzulagern. Schließlich aber sagte Bundesumweltminister Klaus Töpfer seinem rumänischen Amtskollegen die Rückführung der Fässer durch Bund und Länder zu, da ansonsten eine Haftung nach dem Verursacherprinzip bestehe. Zugleich versäumte er es aber nicht, darauf hinzuweisen, daß die Aktion einmalig und freiwillig sei. Greenpeace-Aktivist Andreas Bernstorff hatte die Entscheidung als „Präzedenzfall für die Zukunft“ gefeiert. Er hatte die Vereinbarung so interpretiert, daß ab sofort ein geregeltes Verfahren zur Rückholung von Giftexporten bestünde. aje