Studienfächer sind keine Esel...

■ ...von denen man einfach Ballast abwerfen könnte / ProfessorInnen der Freien Universität ergreifen die Initiative für Studienreform von unten: mehr Tutorien und Examensgehalt vorgeschlagen

Berlin. An der Freien Universität hat eine Gruppe von ProfessorInnen eine „Studienreform von unten“ initiiert. Studierende und Lehrende sollen sie gemeinsam tragen. Ziel der Reformidee ist es – so die Formel des ehemaligen FU- Präsidenten, Eberhard Lämmert –, über den Konsum „mehr oder weniger hübsch verpackter Wissensware“ hinauszukommen. Es gelte, „das Warum des Wissens“, seine unbedingt „menschendienliche Verfügung“ zu vermitteln. Dazu müßten die Universitäten vor allem ihre Qualität in der Lehre verbessern. Die Intitiative geht von dem Politikprofessor Peter Grottian aus, zu dem sich unter anderen so angesehene Wissenschaftler der FU wie die GermanistikprofessorInnen Lämmert, Bauer und Bennholdt-Thomsen, der Jurist Uwe Wesel und der Politologe Wolf-Dieter Narr gesellt haben.

Vor rund 500 StudentInnen stellte Narr vor wenigen Tagen im Audi-Max „sofort nötige und mögliche Schritte“ zur Verbesserung der Lehre vor. Dazu zählt die Einrichtung 800 neuer Tutorien an der FU, um die „bedrückende Lernsituation“ im Grundstudium zu beheben. Die ProfessorInnen wären bereit, „durch eine dreiprozentige Tutorenabgabe“ diese mitzufinanzieren, sagte Narr. „Aber nur, wenn auch staatlicherseits Mittel dafür bereitstehen.“ Eberhard Lämmert erinnerte daran, daß in Berlin die mittlerweile vom Wissenschaftsrat bundesweit als Reformelement vorgeschlagenen Tutorien eingeführt worden waren.

Zu Verbesserungen der Lehre sollen nach Ansicht der ProfessorInnen Projekttutorien als „autonome studentische Arbeitsformen“ beitragen. Neben diesem „Lernen ohne Prof.“ solle auch das Projektstudium ausgeweitet werden. Der Dekan des germanistischen Fachbereichs, Gerhard Bauer, wandte sich zugleich gegen die Einrichtung eines „verschlankten“, rein berufsqualifizierenden Kurzstudiums. Es gehe in den Fächern nicht wie bei Eseln darum, „Ballast abzuwerfen“.

Im Gegensatz zu den jüngst diskutierten Studiengebühren wollen die ProfessorInnen ein Examensgehalt einführen. Studierende sollten für die Zeit ihrer Abschlußarbeiten und -prüfungen ein Gehalt von 1.000 DM bekommen. Es soll wenigstens in dieser Studienphase den Zwang zur Arbeit aufheben. Peter Grottian berichtete aus Gesprächen mit LangzeitstudentInnen, daß sie oft erst in der Examensphase hängenbleiben würden, weil sie zum Gelderwerb gezwungen seien. Eine Studie des Deutschen Studentenwerks bestätigt, daß 80 Prozent derjenigen, die eine Abschlußförderung erhalten, ihr Studium tatsächlich abschließen.

Die ProfessorInnengruppe lädt für kommenden Donnerstag die Studierenden zu einem Treffen im Otto-Suhr-Institut ein. Dort soll eine Arbeitskonferenz „Studienreform von unten“ im Mai dieses Jahres vorbereitet werden. cif