Haases Zukunftsideen

■ Verkehrssenator stellt seine Bilanz vor

Berlin. Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) entwickelt nun öffentlich Utopien, die weit in die Zukunft weisen. Aber nicht um einen entscheidenden Anstoß zur Bändigung des Individualverkehrs geht es dem Senator, sondern um technische und bürokratische Finessen, die freilich noch völlig unausgereift sind. Anläßlich seiner Bilanzpressekonferenz kam der Verkehrspolitiker gestern wieder auf seine Idee zurück, den Tunnel unter dem Tiergarten hindurch auch durch Mautgebühren zu finanzieren. Weil aber Fläche für Mautstellen an den Tunneleinfahrten fehlt, soll das Abkassieren der unterirdischen Autofahrer nach Haases Vorstellung durch raffinierte „technische Neuerungen“ bewerkstelligt werden: Sie sollen die Kennzeichen der Tunnelfahrer registrieren, die später zur Kasse gebeten werden. Auf Einzelheiten der Kassiertechnik wollte sich Haase nicht festlegen: „Wie das im einzelnen funktioniert, ist nicht Sache eines Senators.“

Private Finanzierung hält der Chef der Verkehrsverwaltung für eine Möglichkeit, das für den Tunnelbau nötige Geld aufzubringen. Die Röhre, so versicherte er, werde „in jedem Fall gebaut“ und fristgemäß übergeben. Auf keinen Fall werde der Tunnelbau den Umzug des Parlaments behindern.

Berlin habe in seiner einzigartigen Situation die Möglichkeit, in der Verkehrspolitik die Fehler anderer großer Städte zu vermeiden, sagte Haase. Die Verkehrsströme seien im Gegensatz zu anderen Metropolen nämlich noch nicht festgefahren und einfacher zu beeinflussen.

Haase zeigte sich zufrieden darüber, daß er in Grundsatzentscheidungen vorangekommen sei, und machte eine Erfolgsbilanz auf (Haase über Haase: „Selbstverständlich erfolgreich“). Dagegen warf ihm der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis90/ Grüne, Michael Cramer, Konzeptionslosigkeit vor. Der Politiker betreibe „Verkehrsplanung auf dem Niveau der fünfziger und sechziger Jahre“. Drei Jahre nach dem Mauerfall gebe es weder ein integriertes Verkehrskonzept für die Gesamtstadt noch Prioritäten für die Wiederinbetriebnahme der durch den Mauerbau stillgelegten S-, U- und Straßenbahn-Strecken. mon