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■ Nach der Entscheidung des israelischen Obersten GerichtsKommt der Druck von außen?

Einmütig hat das Oberste Gericht in Jerusalem der Regierung die Legalität der Deportation von 415 Palästinensern – trotz all ihrer „Schönheitsfehler“ – bestätigt. Es hat aber gleichzeitig auch eine Vielzahl von Wegen offengelassen, die Ministerpräsident Rabin die Chance geben, aus der Patsche herauszukommen, in die er Israel mit dem Deportationsbeschluß vor mehr als einem Monat gebracht hat.

Rabin hat sich einstweilen darauf beschränkt, die Sicherheitsbehörden damit zu beauftragen, die „Sicherheitseinstufung“ der Deportierten neu zu überprüfen, sowie 14 „Berufungszentren“ errichten zu lassen, die über die schriftlich einzureichenden Einspruchsgesuche der Deportierten beraten und entscheiden.

Wie das praktisch geschehen soll, bleibt unklar; ebenso die Frage des persönlichen Erscheinens der Deportierten vor den israelischen Berufungskommissionen. Wird dies in der von Israel besetzten „Sicherheitszone“ im Südlibanon (zu der die Deportierten bisher keinen Zutritt hatten) stattfinden, in die man Deportierte aus dem Niemandsland, wo sie sich gegenwärtig befinden, verbringen wird? Oder an der internationalen Grenze zwischen Israel und Libanon? Ist so etwas zumutbar und akzeptabel – für deportierte Palästinenser wie auch für die libanesischen Behörden?

Noch vor dem Gerichtsurteil machte ein Tel Aviver Blatt den ironisch gemeinten Vorschlag, Israel müsse als nächsten Schritt das Lager der Deportierten im libanesischen Niemandsland „zeitweise“ annektieren, um die Berufungsprozedur gesetzlich durchzuführen, ohne daß die Deportierten auf eigentlich „israelisches Gebiet“ zurückzukommen bräuchten.

Da die Deportierten jedoch kaum bereit sind, individuelle Gesuche zur Abkürzung ihres Exils zu stellen und damit noch dazu im Sinne des Gerichtsurteils ihre eigene Deportation zu legalisieren, wird die israelische Regierung dieses Problem nicht so leicht los.

Sollte Rabin keine alternativen Ideen zur Lösung seines Deportationsproblems haben, wird der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in den nächsten Tagen erneut zusammentreten und voraussichtlich eine schärfere Verurteilung Israels beschließen – und diesmal vielleicht auch ein Ultimatum stellen, d.h. den Zeitpunkt festlegen, zu dem die Deportierten von Israel wiederaufgenommen sein müssen.

Gegen Sanktionen wird Washington Israel einstweilen abschirmen. Regierungschef Rabin meint, es sei völlig undenkbar, daß gerade der neue amerikanische Präsident Clinton Maßnahmen gegen Israel zulassen könnte, die seine Vorgänger in den letzten 35 Jahren erfolgreich zu verhindern wußte, wenn es um die Bestrafung Israels ging.

Dennoch besteht Washington auf entsprechenden Maßnahmen der israelischen Regierung zur raschen Beilegung der gegenwärtigen Krise, weil sonst der von den USA initiierte Friedensprozeß ernstlich in Frage gestellt wird. Alle weiteren Entwicklungen hängen also weitgehend von Washington und den Vereinten Nationen ab, da die israelische Regierung einstweilen keine Anzeichen einer Kursänderung gibt. Amos Wollin, Tel Aviv

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