LAPAS bringt Rühe ins Trudeln

FDP-Abgeordneter fordert Untersuchungsausschuß in Bonn/ Verteidigungsministerium qualifiziert Kritik an Aufklärungssystem als überholt ab/ Bei Gewitter fällt der Krieg aus  ■ Aus Bonn Hans-Martin Tillack

In der Affäre um das Aufklärungsflugzeug LAPAS gerät nun auch Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) zunehmend unter Druck. Erstmals mußte er sich gestern auch aus den Reihen der Koalition Kritik gefallen lassen. Der FDP-Verteidigungsexperte Jürgen Koppelin sagte der taz, entweder die Bundesregierung verabschiede sich von dem Projekt oder es müsse ein Untersuchungsausschuß eingesetzt werden. Er sei nach wie vor der Meinung, daß LAPAS unnötig sei. Die Elektronik, die in dem elf Flugzeuge und mehrere Bodenstationen umfassenden System eingesetzt werden solle, sei „alter amerikanischer Schrott“, erklärte der Bundestagsabgeordnete.

Die Affäre hatte in Bonn am 15. Januar ihren Ausgang genommen. Verteidigungsminister Volker Rühe stoppte die Unterschrift unter einen deutsch-amerikanischen Vertrag über LAPAS, weil die Bonner Staatsanwaltschaft einen Tag zuvor das Büro des früheren Luftwaffeninspekteurs Eberhard Eimler durchsucht hatte.

Die Staatsanwälte ermitteln seit geraumer Zeit gegen den LAPAS- Unternehmer Burkhard Grob wegen Bestechung, gegen Eimler wegen des Verdachts der Vorteilsannahme und gegen einen weiteren ehemaligen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums wegen des Verdachts der Bestechlichkeit.

Obwohl diese Ermittlungen im Verteidigungsministerium, wie jetzt bestätigt wird, seit Mai 1992 bekannt sind, verfolgte Rühe die Beschaffung weiter, angeblich unter strenger Kontrolle des Flugzeugbauers Grob. Das Parlament wurde nicht informiert.

Zuletzt gab der Verteidigungsausschuß am 13. Januar mit den Stimmen von Union und FDP grünes Licht für eine erste Beschaffungsvorlage über 377 Millionen Mark. Am Mittwoch nächster Woche will der Verteidigungsausschuß nun eine fünfköpfige parlamentarische Ermittlergruppe einsetzen, die unter Koppelins Beteiligung Licht in das Dunkel um das „Luftgestützte abstandsfähige Primäraufklärungssystem“ bringen will, das sich hinter dem Kürzel LAPAS verbirgt.

Die SPD verlangt bisher keinen Untersuchungsausschuß, weil dies nach ihrer Ansicht die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft behindern könnte. Die „Drohung“, bei Bedarf doch einen Untersuchungsausschuß einzusetzen, hätten die Sozialdemokraten jedoch „nie zurückgezogen“, betonte der SPD-Abgeordnete und ehemalige General Manfred Opel. Er hatte das Projekt seit jeher als „Relikt des Kalten Krieges“ bezeichnet und findet neuerdings Bestätigung in einem jetzt bekanntgewordenen „Sachstandsbericht“ des Luftflottenkommandos vom 10. November.

Dort wird ein Pre-Prototyp des Systems als technisch und konzeptionell überholt qualifiziert. Seine Flugeigenschaften seien „nicht akzeptabel“, heißt es in dem als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ gestempelten Papier, das der taz vorliegt.

Weder die geforderte Einsatzhöhe noch die nötige Flugdauer habe der Prototyp bisher erreicht. Zudem, so der Bericht weiter, handele es sich um ein Schönwetterflugzeug. Für stärkere Gewitterböen sei das Flugzeug nicht ausgelegt, verfüge nicht einmal über eine „Ortungsmöglichkeit von Gewittern“. Das System sei eine „Punktentwicklung für die militärgeographische Situation“ der Bundesrepublik des Jahres 1985, heißt es weiter. Der Berichterstatter resümiert, „daß wir dabei sind, für die nächsten 25 Jahre ein Flugzeug zu beschaffen, dessen Leistungsgrenzen bereits im Vorserienstadium erreicht sind.“

Eine weitere Mängelliste des Luftflottenkommandos sei am 11. Januar eingegangen, bestätigte man gestern auf der Hardthöhe. Dort bestreitet man jedoch die Aussagefähigkeit dieser Mängelrügen. Was getestet worden sei, sei ein Vorläufermodell. Um das System auf die neue Situation einzurichten, seien jetzt neben stationären auch mobile Bodenstationen geplant.

Inzwischen räumt man im Bundesverteidigungsministerium aber auch ein, daß das System teurer werden könnte, als bisher angegeben. Für die Entwicklung und Beschaffung von LAPAS I sowie die Entwicklung von LAPAS II, das im Gegensatz zum ersten Modell auch Bilder liefern soll, habe es bis zum 15. Januar eine „Festpreisgarantie“ über 3,2 Milliarden Mark gegeben.

Nachdem dieser Termin abgelaufen sei, müsse der Preis nun neu verhandelt werden.