Das Alphorn als Alien

■ Der Komponist Vinko Globokar stellte zusammen mit dem Ensemble L'Art Pour L'Art einige seiner Werke vor

stellte zusammen mit dem Ensemble L'Art Pour L'Art einige seiner Werke vor

Mißmutige Security-Männer mit Rambo-Blick, Einlaß durch die Fluchttür. Drinnen: Rauchverbot, Parkettfußboden und strenge Schulatmosphäre. Widrige Umstände für die Neue Musik. Immerhin bot das Studio 10 des NDR jedoch die akustischen Voraussetzungen, um den tonalen Ereignissen der Kompositionen von Vinko Globokar gerecht zu werden. Vorgestellt wurden sechs Stücke des in Paris lebenden Künstlers, der nicht nur neutönerisch komponiert, sondern auch hervorragend die Posaune und das Alphorn beherrscht. Seine Mitstreiter: das Hamburger Ensemble L'Art Pour L'Art.

Globokar eröffnete am Donnerstag den Abend des „Neuen Werkes“ (NDR-Titel) mit seinem Stück Prestop II – ein virtuoses Spiel mit Posaune, Stimme und Elektronik. Die tonalen Möglichkeiten des Blasinstruments scheinen in den Himmel zu steigen: Flugzeuggeschwader ziehen vorbei. Ein angedeuteter Pistolenschuß und ein Schrei. Die Posaune wandelt sich zurück, elementares Spielzeug in den Händen eines Humoristen.

Man merkt, ihm sitzt der Schalk im Nacken, er führt die Zuhörer in Klangwelten, um dann abrupt abzubrechen – angeschmiert! Auch bei der Komposition Cri des alpes, die Globokar selbst als eine „Dummheit“ bezeichnet, zeigt sich sein spielerischer Umgang mit der „ernst“ genannten Musik. Er entlockt dem traditionellen Alphorn – mit Enzian-Blüten verziert – die unmöglichsten Töne vom sanften Schnarren bis hin zum Lärm einer Kreissäge. Er gebraucht das lange Blasinstrument als eine Art dadaistisches PopArt-Horn, spielt darauf Rock'n'Roll, bläst Zigarrenrauch hindurch, stellt es auf den Kopf und läßt es zum hörbaren Vergnügen des Publikums als klagendes Alien in die Höhe ragen.

Solcherlei Unsinn schien der Flötistin Astrid Schmeling, dem Gitarristen Michael Schröder und dem Percussionisten Matthias Kaul von L'Art Pour L'Art fremd. Sie spielten die übrigen, überwiegend aus den Siebziger Jahren stammenden Kompositionen Globokars mit sturer Ernsthaftigkeit. Wo Improvisation der Musiker nach kompositorischen Regeln geplant war, wurde es nur free-jazzig und hektisch. Hör- Strukturen aufzubrechen, galt vor 25 Jahren als Ziel der Neuen Musik. Doch heutzutage wirken Free- Jazz-Elemente kaum noch sensationell. Die Komposition wurde vom Publikum auch dementsprechend goutiert.

Vergällt wurden die Darbietungen von Posaune, Querflöte und Gitarre zusätzlich durch die oft überlauten Einsprengsel des Percussionisten, der damit seine Mitspieler in die Defensive drängte. Insgesamt ein Abend, der Vinko Globokar, dem er gewidmet war, leider viel zu kurz kommen ließ. Greta Eck