■ Fußball-Hallenmasters: Brotzeit und Bier
Der Fußballsport ist ein Vergnügen, das heißt, er sollte ein Vergnügen sein. Die Fußballer, ihre Trainer und die Vereine insgesamt genieren sich aber, das zuzugeben. Sie suchen einen ernsthafteren Grund für die Ausübung dieses Sportes. Unterhaltung und Spannung allein genügen nicht. Um ein Spektakel wie das Mastersturnier in München zu rechtfertigen, verfallen sie bei ihrer Suche auf absurdeste Ideen, wie: Der Hallenfußball erfülle eine „Vorbildfunktion für Jugendliche“ (Christoph Daum), steigere die „technischen Fähigkeiten der Spieler“ (Erich Ribbeck), fördere die „Zusammengehörigkeit untereinander“ (Jörg Berger), und „man lernt sich besser kennen“ (wiederum Daum), da alle Mannschaften in einem Münchner Nobelhotel nächtigen und feiern.
Doch „alles, was interessiert auf dieser Welt, ist Geld“ (Haindling). Auf knappe zwei Millionen Mark erhöhte der DFB den Etat für das diesjährige Hallenmasters in München. Jede der acht teilnehmenden Mannschaften darf mindestens 120.000 DM einsacken (Startgeld), der FC Bayern als Veranstalter 75.000 DM zusätzlich, und 155.000 DM verteilen sich über die Plazierungen. Ein warmer Geldregen für die Vereine an einnahmenlosen und kalten Wintertagen.
Und selbst die Zuschauer honorieren das Fußballwochenende in der Halle. Kamen zum ersten Masters vor fünf Jahren in Frankfurt nur wenige Unentwegte, so steigerte sich das Interesse der Zuseher in Dortmund und München gewaltig. Fast immer ausverkauft, frohlockten die Macher und sahen dies als Beweis für die Notwendigkeit eines deutschen Hallenmasters. Was soll's: „Wer es mag, für den ist es das Höchste“, sagt ein bayrisches Sprichwort, trotz der muffigen Olympiahalle mit ihren durchmischten Düften aus Bratwürsten, Bier, Rauch und Ausdünstungen von über 10.000 Zuschauern.
Damit sich diese nicht langweilen, präsentierte der DFB neue Regeln. Weniger Verletzungen und mehr Spannung sollten diese garantieren. Nur noch vier Feldspieler und ein Torwart waren erlaubt. Diese Dezimierung bedinge mehr Raum, weniger harte Duelle an der Bande, dafür mehr technische Finessen. Außerdem darf der Torhüter seinen Strafraum nicht mehr verlassen.
Edel war die Absicht, doch die Wirklichkeit sah anders aus. Die Trainer, phantasiereich wie immer, erkoren eine einzige Taktik für alle Mannschaften: Jeder deckt einen Gegenspieler, was bewirkte, daß sich in der Mitte der Halle jeweils drei Spieler jeder Mannschaft gegenüberstanden und vor jedem Tor einer lauerte. Technische Kunststücke am Ball waren damit selten, der lange Paß (in der Halle!) dominierte, und der Zweikampf Spieler gegen Spieler beherrschte das Geschehen auf dem Kunstrasen. Böse Zungen behaupteten, die neue Regel wäre schon optimal, denn sie zeige die mangelnden technischen Fähigkeiten der deutschen Fußballzunft – kann doch selbst ein Buchwald oder Kreuzer brillieren mit langfüßigen Übersteigern, während ein Könner des Hallenfußballspiels, der Dortmunder Frank Mill, sich liebevolle Umarmungen seiner Gegenspieler gefallen lassen muß.
Doch was soll all das Lästern gegen den Hallenfußball, den Leuten gefällt das Gekicke, an beiden Tagen ein ausverkauftes Haus, Stimmung leider nur bei den Spielen der Bayern, ansonsten erfreuten sich die Leute an Brotzeit und Bier. Werner Steigemann
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