Doppelt so teuer als geplant

■ Sachsen entscheidet heute über Autobahnbau nach Prag

Dresden (taz) – Das sächsische Kabinett wird heute über die Trassierung der Autobahn A13 von Dresden nach Prag entscheiden. Damit gibt es das Startsignal für den Bau des im Bundesverkehrswegeplan als „vordringlich“ eingestuften Milliardenprojekts. Nachdem acht von neun Gutachten ignoriert wurden, soll das Raumordnungsverfahren gleich ganz unter den Tisch fallen. Man erwarte davon, verlautete aus dem Umweltministerium, „keine neuen Erkenntnisse“ – eine Konsequenz aus Krauses Beschleunigungsgesetz, das dem Verfahren statt der bisher üblichen zwei Jahre nur noch fünf Monate zugesteht.

Mehr als zwanzig Unterzeichner, darunter der BUND, der Deutsche Alpenverein, der Ökologische Ärztebund, die Grüne Liga sowie betroffene Gemeinden, haben in einer Resolution gegen die „transeuropäische Autobahn“ protestiert. Der avisierte Raum zwischen dem Dresdner Süden, Osterzgebirge und der Sächsischen Schweiz weise ein „extrem hohes Konfliktpotential“ auf; die Trasse sei „ökologisch nicht vertretbar“, heißt es dort. Zu diesem Urteil seien eine Reihe von Gutachten und im April 1992 auch das Verkehrsministerium gekommen.

Unbestritten bei Gegnern wie bei Befürwortern ist, daß die A13 als ein Verbindungsstück zwischen dem skandinavischen Verkehrsraum und dem Balkan vor allem transeuropäischen Verkehr aufnehmen wird. Gegenüber der Öffentlichkeit setzt das sächsische Wirtschaftsministerium jedoch lieber auf den angeblichen Entlastungseffekt der Städte und Gemeinden. Dagegen weisen selbst die im eigenen Haus in Auftrag gegebenen Prognosen darauf hin, daß der Straßenverkehr weiter zunehmen werde. Allein auf der schon heute überlasteten Elbbrücke in Pirna wird sich der Verkehr, ob mit oder ohne Autobahn, verdoppeln.

Maria Jacobi, Sprecherin des „Netzwerkes Bürgerinitiativen Autobahn“, vermißt jegliche Untersuchung, wie der Verkehr im Oberen Elbtal einschließlich des grenzüberschreitenden Verkehrs ohne Autobahn geregelt werden könnte. Nicht nur diese „Nulllösung“, auch alternative Trassen fielen unter den Tisch. So ist die Variante, eine Autobahn von Freiberg aus durch einen Tunnel ins nordböhmische Kohlerevier zu führen, verworfen worden, obwohl sie unter ökologischen Aspekten besser abschneidet. Sachsens Wirtschaftsminister plante weiter an seiner Lieblingstrasse, dem Korridor3, und gab den tschechischen Partnern die Schuld für die Ablehnung der besseren Lösung. Denn angeblich weigerten sich die Nachbarn, den Grenzübergang zu verlegen. Eine Legende? Noch im September erklärte der Leiter des Fachbereiches Straßenbau im Prager Wirtschaftsministerium, Pavel Sejna, über andere Korridore sei mit ihm nie gesprochen worden.

Inzwischen wächst auch in der Tschechischen Republik der Widerstand gegen die Autobahn. Das Planungsziel, so die Bürgerinitiative, müsse „Verkehrslösung“ und nicht, wie bisher, „Autobahn um jeden Preis“ heißen – was im übrigen wörtlich zu verstehen ist: In Dresden werden inzwischen Kosten von 1,4 Milliarden Mark für das „politische Prestigeobjekt“ gehandelt. In Bonn gilt aber immer noch die im Bundesverkehrswegeplan veranschlagte Summe von 625 Millionen Mark. „Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger werden die A13 finanzieren“, kommentiert Maria Jacobi den sächsischen Beitrag zum Solidarpakt. Detlef Krell