Wechselkurssystem liegt in Scherben

Der EG-Währungsausschuß hat das irische Punt um zehn Prozent abgewertet/ Fünfter Abwertungsschritt innerhalb des Europäischen Währungssystems seit September  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Das Europäische Wechselkurssystem fällt immer mehr auseinander, nachdem das irische Punt am Samstag abend um zehn Prozent abgewertet werden mußte und nun bei etwa 2,45 Mark liegt. Es war bereits die fünfte Abwertung einer EWS-Währung seit September: Nach dem Ausstieg Großbritanniens und Italiens aus dem EWS gingen Sterling und Lira in den Keller, und im November wurden die spanische Peseta und der portugiesische Escudo um jeweils sechs Prozent abgewertet.

Die Punt-Abwertung, die der Währungsausschuß – ihm gehören die Direktoren der Zentralbanken und Vertreter der Finanzministerien der zwölf EG-Länder an – auf Wunsch der irischen Regierung beschloß, war freilich abzusehen. Die Regierung in Dublin kämpfte seit fünf Monaten darum, das Punt durch Zinserhöhungen und Stützungskäufe innerhalb der knappen EWS-Bandbreite zu halten. Dabei gingen die irischen Devisenreserven in Höhe von fünf Milliarden Punt drauf, und die Zinsrate für kurzfristige Gelder stieg zeitweise auf hundert Prozent. Nachdem Großbritannien die Zinsen am vergangenen Dienstag auf sechs Prozent senkte und eine weitere Zinskürzung ankündigte, war es um das Punt geschehen. Aufgrund der engen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern hätte ein im Vergleich zu Sterling überbewertetes Punt die Wettbewerbsfähigkeit irischer Exporte noch stärker eingeschränkt. Eine weitere Verteidigung der irischen Währung hätte mit steigender Arbeitslosigkeit und höheren Hypothekenzinsen bezahlt werden müssen. Beide stehen jedoch ohnehin auf einem Rekordhoch.

Finanzminister Bertie Ahern machte neben der weltweiten Währungsspekulation und der Sterling-Schwäche vor allem die Regierungen in Bonn und Paris für die Abwertung verantwortlich. „Wir haben unsere EWS-Partner um Hilfe ersucht, aber sie nicht bekommen“, sagte er gestern. „Schöne Worte sind aber nicht genug, weil es einen konzertierten Angriff riesiger japanischer und US-Banken auf unsere Währung gab. Irland ist nur ein kleines Land, und der Angriff auf das gesamte EWS traf uns mit voller Wucht.“

Während Deutschland und Frankreich ein informelles Abkommen zur Stützung des Franc geschlossen haben, sei Irland davon ausgeschlossen worden. „Die Deutschen haben ständig interveniert und französische Francs gekauft“, sagte Ahern. „Dem Punt haben sie jedoch nicht geholfen.“ Ursache für das EWS-Chaos ist das hohe Zinsniveau in Deutschland, das die Inflation unter Kontrolle bringen soll. Das begünstigt die Flucht aus schwächeren Währungen in die Mark. Eine Zinssenkung steht laut Bundesbank-Präsident Helmut Schlesinger ebensowenig zur Debatte wie ein Ausstieg der Mark aus dem EWS, den Finanzexperten fordern. Sie glauben, eine frei konvertierbare Mark sei der einzige Weg, damit Ruhe im EWS einkehrt.

Ahern bezeichnete es als Erfolg seiner Politik, daß die irische Währung weiterhin dem EWS angehört. Er räumte zwar ein, daß die Inflationsrate aufgrund höherer Importpreise steigen werde, doch erwartet er nach der Abwertung nun einen Konjunkturaufschwung, da irische Exporte billiger werden. Diese Hoffnung ist jedoch unbegründet. Das EWS ist nur noch ein Scherbenhaufen, und von der in den Maastrichter Verträgen angepeilten Europäischen Währungsunion ist ohnehin keine Rede mehr. Da Großbritannien weitere Zinssenkungen angekündigt hat, wird der Druck auf das Punt nicht nachlassen. Vorerst steht jedoch der Franc am stärksten in der Schußlinie, da die Konservativen, die die französischen Wahlen im Frühjahr vermutlich klar gewinnen werden, gegen eine künstliche Stützung des Franc sind. Der portugiesische Premierminister Anibal Cavaco Silva sagte am Samstag: „Wenn Probleme mit dem französischen Franc auftreten, dann gibt es große Probleme für das gesamte Wechselkurssystem.“