Neues Ungemach für Oskar Lafontaine

■ Saarländischer Ministerpräsident verschwieg Treffen zwischen Leibwächter Totila Schott und Gangster Hugo Lacour/ Heute Sitzung des Landtages

Saarbrücken (taz) – Manchmal kommen die Witze des saarländischen Landesvaters wirklich gut an: Beim Treffen mit Stahlarbeitern in Burbach unterbricht Oskar Lafontaine plötzlich das Händeschütteln und hebt den Zeigefinger: „Wem ich die Hand gebe, sage mir aber bitte, falls er Vorstrafen hat.“ Doch über die neuesten Enthüllungen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel kann selbst „Skandal-Jongleur Oskar“ nicht mehr mit Witzchen hinweggehen. Mit Wissen Lafontaines nämlich hat der Staatskanzlei-Mitarbeiter Totila Schott noch im vergangenen November den Saarbrücker Unterweltkönig Hugo Lacour getroffen. Dabei soll der in Frankreich als Freigänger inhaftierte Gangster ein „Geschäft“ vorgeschlagen haben: Falls der gegen ihn im Saarland bestehende Haftbefehl wegen Mordverdachts nicht bis Weihnachten vom Tisch sei, verkaufe er kompromittierende Fotos des Ministerpräsidenten an die Presse. Diese Aktion hat Lacour bislang allerdings nur neuen Ärger mit der deutschen Justiz eingebracht: Der Generalbundesanwalt ermittelt wegen versuchter Nötigung eines Verfassungsorgans.

Die Saarbrücker Staatskanzlei bestätigte am Wochenende, daß Lafontaine von den Gesprächen zwischen seinem engen Vertrauten Schott und dem Gangster unterrichtet war. Vor einer Woche hatte der Ministerpräsident dagegen noch betont, er habe sich in den vergangenen 15 Jahren nur zweimal und dabei rein dienstlich mit Lacour befaßt: 1977 habe er einen Antrag des Franzosen gegen dessen Ausweisung abglehnt. Später habe er dann „zahlreiche Gnadengesuche“ erhalten, diese aber kommentarlos an das Justizministerium weitergereicht. Die Journalistenfrage, ob es denn kompromittierende Fotos von ihm gebe, hielt Lafontaine für so ungeheuerlich, daß er sie erst im dritten Anlauf (dann aber heftig) beantworten wollte: „So was gibt es nicht. Wer etwas anderes behauptet, kriegt (eins) auf die Nuß.“

Staatskanzlei-Chef Kurt Bohr behauptet nun, sein Untergebener Schott habe sich mit Lacour „privat, ohne dienstlichen Auftrag“ getroffen. Schott hat dagegen laut Spiegel bei der Bundesanwaltschaft zu Protokoll gegeben, das Treffen habe „auf ausdrücklichen Wunsch“ von Bohr stattgefunden. Fest steht, daß Lafontaine über Lacours Drohungen unterrichtet worden ist und „das Ganze“ laut Staatskanzlei als „dummes Zeug“ gewertet habe. Daraufhin, so Jurist Bohr, habe er auch nicht die Staatsanwaltschaft benachrichtigt, „weil ich den Vorgang nicht als Straftat gewürdigt habe, sondern wie der Ministerpräsident als haltloses Gerede.“ Heute wird der Landtag über die „Rotlicht-Affäre“ diskutieren.

Der heimischen Wirtschaft scheint der neue Skandal ausnahmeweise nicht geschadet zu haben – im Gegenteil: Eine saarländische Polsterfirma wendet sich in Anzeigen bereits an die „liebe Unterwelt“: „Lassen Sie sich Ihr Sofa doch bei uns maßschneidern. In rot, stark schmutzabweisend imprägniert und ausziehbar. Das kostet weniger als eine Nacht im Rotlichtbezirk.“ Auch ein gelungener Witz. Frank Thewes