Hinhaltekompromiß im US-Schwulenstreit

■ Clinton steckt vor Militärs zurück: Endgültige Regelung bis Juli vertagt/ Auch Widerstand in der eigenen Partei unterschätzt

Washington (AP) – Schrittweise will der amerikanische Präsident Bill Clinton die Streitkräfte für Homosexuelle öffnen. Wie er am Freitag mitteilte, werden zunächst die Verfahren zur Entlassung von schwulen Soldaten aus der Armee ausgesetzt. Bis zum 15. Juli soll Verteidigungsminister Les Aspin die gesetzlichen und praktischen Grundlagen für eine endgültige Regelung vorbereiten.

Das von Clinton verkündete Programm stellt einen Kompromiß dar. Clinton räumte bei seiner Ankündigung selbst ein, daß sein Wahlkampfversprechen, nach 50jährigem Zulassungsverbot alle vier Teilstreitkräfte für Homosexuelle zu öffnen, damit noch nicht erfüllt sei. Zunächst sollten Schwule und Lesben, die schon dem Militär angehören, nicht mehr ausgeschlossen werden. Die Betroffenen werden aber aus dem aktiven Dienst genommen und der Reserve zugeteilt, während Clinton ursprünglich ihre volle Amnestierung wollte. Den einzelnen Kommandeuren wurde zudem das Recht zugestanden, Homosexuelle zu versetzen, wenn dies erforderlich sein sollte. Der Präsident setzte sich andererseits mit der Forderung durch, daß Bewerber für den Militärdienst bei der Einstellung nicht mehr nach ihrer sexuellen Neigung befragt werden.

Im wesentlichen aber wurde die endgültige Lösung des Problems um fast ein halbes Jahr vertagt. Bis dahin hat Aspin Zeit, die entsprechenden Gesetzentwürfe auszuarbeiten. Der Kongreß seinerseits will sich in der Zwischenzeit ebenfalls mit dem Thema befassen. Damit wird nach allgemeinen Erwartungen das Tauziehen zwischen der Regierung und den Gegnern der Zulassung von Homosexuellen weitergehen. Beobachter meinten, Clinton habe die Macht des Kongresses unterschätzt. Er sei nicht nur auf den Widerstand führender Militärs, sondern mehr noch auf den einflußreicher Parlamentarier seiner eigenen Demokratischen Partei gestoßen.

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