Neue Kämpfe in Kambodscha

■ Kambodscha: Regierungstruppen sollen Gebiete zurückerobern, die unter Kontrolle der Roten Khmer geraten sind / Begründung: "Unfähigkeit der UNO" / Bevölkerung flüchtet vor den Kämpfen

Phnom Penh (AFP/taz) – Kambodschanische Regierungstruppen haben in der vergangenen Woche eine Großoffensive gegen Positionen der Roten Khmer im Westen und im Zentrum des Landes begonnen. Es handele sich um die größte Operation seit Beginn der internationalen Verwaltung des Landes im März 1992, teilte die UNO in Phnom Penh mit.

Die UNO versucht mit rund 22.000 Blauhelmen und UN-Personal, das von über zwanzig Jahren Krieg und Bürgerkrieg zerrüttete Land auf demokratische Wahlen vorzubereiten. Da sich die Roten Khmer jedoch weigern, ihre Soldaten entwaffnen zu lassen, haben auch die anderen ehemaligen Bürgerkriegsparteien ihre Truppen nicht demobilisiert – oder nur unwesentliche Truppenteile.

Ein hoher Regierungsvertreter in der kambodschanischen Hauptstadt begründete den Angriff mit der „Unfähigkeit“ der UN-Übergangsverwaltung für Kambodscha (UNTAC), die Roten Khmer zu kontrollieren. Die Kämpfer der Guerillaorganisation sollten lediglich auf ihre früheren Positionen zurückgedrängt werden, hieß es.

Beobachter werteten den Angriff als weiteren Rückschlag für den Friedensprozeß in Kambodscha. Die Roten Khmer haben sich geweigert, an den von der UNO geplanten Wahlen von 23. bis 25. Mai dieses Jahres teilzunehmen. UN-Vertretern zufolge konzentrierte sich die Offensive vor allem auf das Gebiet um die Stadt Pailin in Westkambodscha und auf die Provinz Kompong Thom im Zentrum des Landes und reiche bis in die östlichen Provinzen an der Grenze zu Vietnam. In Kompong Thom flohen zahlreiche Menschen vor den Gefechten, sagte UN-Militärsprecher Richard Palk. Die Regierungstruppen hätten auch Zivilisten gezwungen, an den Kämpfen teilzunehmen, darunter auch zurückgekehrte Flüchtlinge. Unter anderem hätten sie Munition transportieren müssen. Über Zwangsrekrutierungen war schon in den letzten Monaten berichtet worden. Regierungstruppen näherten sich den Angaben der UN- Vertreter zufolge bis auf 20 Kilometer der Stadt Pailin. Der Regierungsvertreter in Phnom Penh erklärte gegenüber AFP, „wir trauen der UNTAC nicht mehr“.

Der Sprecher der Regierungstruppen, General Phan Thay, bestätigte, daß die Offensive am vergangenen Montag begonnen wurde. 200 bis 300 Soldaten seien im Einsatz. „Wir wollen die Roten Khmer nur in ihr Gebiet zurückdrängen“, betonte er. Außerdem sollten Dörfer eingenommen werden, von denen aus Positionen der Regierungstruppen beschossen worden seien. Nach Angaben Phans wurden bei den Gefechten bislang 51 Kämpfer der Roten Khmer getötet und 89 verwundet. Angaben zu den Verlusten bei den Regierungstruppen machte er nicht. Phnom Penh hatte die Roten Khmer in den letzten Monaten beschuldigt, das von ihnen kontrollierte Territorium ausgeweitet zu haben.

1992 hatte die Regierung mit Billigung der UNTAC bereits eine Offensive gestartet, um die Guerillakämpfer zurückzudrängen. Die Erlaubnis der UN-Übergangsverwaltung war mit dem Recht auf Selbstverteidigung begründet worden. Die gegenwärtige Operation jedoch gehe „über das Recht auf Selbstverteidigung hinaus“, betonte nun UN-Sprecher Berman. li