piwik no script img

Kohl träumt von baldigem Solidarpakt

■ Bis 18. Februar sollen „wesentliche Teile“ stehen/ Lambsdorff pfeift auf SPD-Fraktion, hofft auf SPD-Länder

Bonn (AP/AFP/dpa) – Die Bundesregierung will nach den Worten ihres Sprechers Dieter Vogel bis Mitte des Monats Klarheit über die wesentlichen Teile des Solidarpaktes haben. Vogel nannte am Montag in Bonn die am 18. Februar beginnende Asien-Reise von Kanzler Helmut Kohl als Zieldatum für Vereinbarungen zwischen der Regierung, den Tarifpartnern und der Wirtschaft.

Entscheidungen über die künftigen Finanzbeziehungen zwischen Bund und den Ländern könnten nach Vogels Worten gegebenenfalls erst in einem Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundestag getroffen werden. Am 17. Februar werde das Bundeskabinett voraussichtlich Entwürfe für die sogenannten Begleitgesetze zum Föderalen Konsolidierungskonzept beraten, über den Entwurf des Nachtragshaushalts 1993 werde aber wie geplant erst Anfang März entschieden. Am Mittwoch berät die Bundesregierung die Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft im Westen und zur Förderung des Aufbaus im Osten mit den 16 Ministerpräsidenten. Eine Einigung mit den Sozialdemokraten über die Sparmaßnahmen bezeichnete Vogel als sehr unsicher.

Das FDP-Präsidium hat die Union aufgefordert, das von der Bonner Koalition beschlossene Sparpaket gemeinsam mit den Liberalen „so schnell wie möglich“ umzusetzen. Die derzeitige Diskussion um nachträgliche Änderungen oder ein Aufschnüren des Paketes sei „wenig hilfreich“, kritisierte der FDP-Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff am Montag nach einer Sitzung der Parteispitze in Bonn. Steuer- oder Abgabenerhöhungen „gleich welcher Art“ lehnte Lambsdorff im Namen seiner Partei entschieden ab. Eine Arbeitsmarktabgabe wäre „verfassungswidrig“ und „ordnungspolitisch verfehlt“.

Der SPD warf Lambsdorff vor, sie sei nicht in der Lage, auch nur einen einzigen Alternativvorschlag zum Konzept der Koalition vorzulegen. Sie biete ein „Trauerspiel von Konzeptionslosigkeit“. bei der Umsetzung ihrer Sparbeschlüsse brauche die Koalition auch keine Rücksicht auf die SPD im Bundestag zu nehmen. „Es kommt auf die Meinung der SPD- Bundestagsfraktion überhaupt nicht an“, betonte der FDP-Chef. Wichtig sei vielmehr die Ansicht der SPD-regierten Länder.

Mit Blick auf die Forderung der ostdeutschen Länder nach acht Milliarden Mark zusätzlich in diesem Jahr sagte Lambsdorff, die FDP erkläre sich ausdrücklich bereit, mehr Geld in die neuen Länder zu transferieren, wenn dies durch weitere Einsparungen finanziert werde. Gesprächsbereitschaft signalisierte Lambsdorff auch zu Vorschlägen, die Bundesanstalt für Arbeit von „versicherungsfremden Leistungen“ zu befreien. Der „große Block der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“ etwa sollte vom Steuerzahler finanziert werden, sagte der FDP-Chef.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse verlangte unterdesen von seiner Partei neue Vorschläge für den Solidarpakt. Es gelte, dafür fünf oder sechs Schwerpunktaufgaben festzulegen. Auch die Belastungen von Bund und Ländern müßten einigermaßen fair verteilt werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen