■ Populist Haider und sein „Volksbegehren“
: Kein Ende in Sicht

Wenn einer lautstark verkündet, er rechne mit einer Million UnterstützerInnen und dann nur 400.000 bekommt, ist das eine Niederlage. Für Jörg Haider ist das Ergebnis des Anti-Ausländer-Volksbegehrens der schwerste Rückschlag seiner politischen Karriere. Mit seinem Appell an Rassismus, Neid und andere niedere Instinkte wollte er eine Volksbewegung initiieren – und sich selbst an ihre Spitze setzen. Entstanden ist statt dessen eine Anti-Haider-Bewegung, die in den vergangenen Wochen sehr viel mehr Menschen auf die Straße brachte als das Volksbegehren „Österreich zuerst“ unterschrieben. In einem nie dagewesenen Kraftakt gelang es, beinahe alle gesellschaftlichen Institutionen – von den Kirchen über die Gewerkschaften, Linken, Hilfsorganisationen bis hin zur Sozialdemokratie – zusammenzubringen. Diesen „anständigen“ ÖsterreicherInnen ist der Ausgang des Volksbegehrens zu verdanken.

Jubel über ein Ende Jörg Haiders wäre dennoch verfrüht. Nicht nur, weil der Mann schon oft totgesagt wurde, sondern auch, weil es eine beachtliche Diskrepanz zwischen Volksbegehren und Wahlen gibt. Das wurde einen Tag vor Beginn des Volksbegehrens neuerlich deutlich, als in Graz der Gemeinderat gewählt wurde. Mit einem stramm ausländerfeindlichen Programm schaffte Haiders „Freiheitliche Partei“ dort über 20 Prozent der Stimmen. In der Intimität der Wahlkabine fiel es den GrazerInnen nicht schwer, ihr Kreuzchen so zu machen, wie sie fühlen: ganz rechts. Beim Volksbegehren an den folgenden Tagen, wo jeder seine Identität preisgeben mußte, unterschrieben nur acht Prozent.

Das innenpolitische Klima Österreichs hat Haider mit seinem Volksbegehren nachhaltig geprägt. Seit Monaten ist der von ihm behauptete „Notstand“ in der Ausländerpolitik Thema Nummer eins. Haider schaffte es zwar nicht, sich als Retter anzudienen, aber es gelang ihm, die sozialdemokratisch-konservative Regierung in die Enge zu treiben. Ein Minister nach dem anderen versicherte den ÖsterreicherInnen, die Koalition habe „die meisten Forderungen von Haider“ längst erfüllt. Haiders „Verdienst“ ist es auch, daß die Stimmung in der auf Konsens orientierten Alpenrepublik aggressiver und polarisierter ist als je zuvor. Dazu gehört auch, daß er seinen Bedingungslosen die Gewißheit verschaffte, sie seien in großer Gesellschaft, wenn sie ihr „Ausländer raus“ skandieren. Die niederen Instinkte wird Haider weiter anheizen und ausschlachten. Gelegenheit dafür dürfte die anstehende Debatte über einen EG-Beitritt Österreichs sein. Die häßliche Parole „Österreich zuerst“ hat noch nicht ausgedient. Dorothea Hahn