Kulturgestammel

■ Sonic Youth-Tourneefilm jetzt als Video erhältlich / Freitag als Film im Westwerk

-Tourneefilm jetzt als Video erhältlich/Freitag als Film im Westwerk

Es gibt eine Form amerikanischer Neurose, mit der man zwar gute Musik machen kann, aber ansonsten dem Europäer leicht auf die Nerven geht. Ein Gemisch aus oberschülerhafter Unverfrorenheit und politischer Pirsch nach der Weltverschwörung, zusammengehalten von einem gewinnenden Lächeln, das eher sorglos als charmant wirkt. Thurston Moore, ein Selbstinszenierer der besonderen Qualität, schlägt voll in dieses Fach. Der Frontmann von Sonic Youth quasselt und erklärt sich in 1991 - The Year That Punk Broke über 100 Minuten seinen Fans. Und wahrscheinlich nur denen, denn das dilettierende Kamerawerk von der 91er Europatournee der Band ist wenig dazu geeignet, neue Freunde zu gewinnen.

Wackelige Handarbeit und Filmschnitte im Blindflug sind auf der technischen Seite das, was auf der inhaltlichen die wahllos abgefilmten Tournee-Erlebnisse aus dem Backstagebereich und von Stadtbummeln sind: Kulturgestammel im Geist erster Super-8-Experimente. Befriedigt wird nur der Underground-Voyeurismus, wenn Grunge-Stars wie Nirvana, Dinosaur Jr. oder Babes in Toyland durchs Camcorder-Schlüsselloch bei ihrer Freizeitgestaltung und Bühnenarbeit beobachtet werden.

Kurt Cobain, Nirvanas Kehle, wütet und verwüstet und zerschlägt so manche Gitarre, als sei das eine Haltung. „Thursty“ erklärt einigen „dummen“ Fans, daß man doch die Plattenindustrie zerschlagen müsse und später, daß man nun leider kein „Punk“ mehr sein könne, weil die Authentizität durch die Vermarktung zerstört worden sei. Nur J. Mascis stammelt unverständliches Zeug als weiterer Beweis seiner berühmten Schüchternheit ins verständige Lächeln von Kim Gordon. Naseweise Peinlichkeiten und ideologischer Magerquark eimerweise von penetrant netten US-Wilden.

Eine auf 16mm aufgeblasene Kopie des MCA-Videos wird Freitag im Westwerk Premiere haben. Weitere Kleinkinovorführungen sind nicht ausgeschlossen. tlb