Mujeres und Women treffen sich

Interkulturelles Frauenzentrum S.U.S.I.: Ein Ort der Begegnung für Studentinnen, Exilantinnen und Künstlerinnen/ „Viele sind völlig isoliert“  ■ Von Tanja Stidinger

Mitte. Aus dem Büro tönt es spanisch, im Flur unterhalten sich zwei Vietnamesinnen in ihrer Muttersprache, in der Küche besprechen Frauen auf polnisch das Neueste vom Tage, und eine andere macht es sich gerade mit einem russischen Buch in der Vereinsbibliothek gemütlich. Dieses idyllische internationale Frauenparadies trägt einen durchweg irdischen Namen und einen typisch deutschen dazu. „Interkulturelles Frauenzentrum S.U.S.I. – Solidarisch, Unabhängig, Sozial, International“ steht neben auf der Klingel am Monbijouplatz 4 in Mitte.

„Wir sprechen hier sieben Sprachen, so was wie Sprachbarrieren gibt es bei uns nicht“, erklärt sichtlich stolz Gisa Blanko, die Pressesprecherin des Projektes. Von Anfang an wollten die derzeit sieben Mitarbeiterinnen aus Lateinamerika, Vietnam, Osteuropa und Deutschland Frauen aus verschiedenen Nationen einen Raum bieten, „wo sie sich ausdrücken, ihre Kultur leben und zeigen können“.

Auf dem S.U.S.I.-Programm stehen Lesungen, Vorträge, Ausstellungen, Filme, Diskussionsrunden und Konzerte von Frauen für Frauen. „Für die meisten ausländischen Künstlerinnen, die bei uns auftreten oder ausstellen, sind wir das erste Forum seit Jahren. Sie bekommen dadurch wieder Selbstbewußtsein, und für die Besucherinnen sind diese Frauen ein Stück eigene Kultur, eigene Sprache in der Fremde“, wirft Christiane Barckhausen ein, eine der Gründerinnen des Vereins.

S.U.S.I. will vor allem ausländische Frauen ansprechen, die als Vertragsarbeiterinnen, Studentinnen und Exilantinnen nach Ostberlin kamen. Unter Wohnungsnot, Fremdenhaß, Arbeitslosigkeit und unsicheren Aufenthaltsbedingungen leidet ein Großteil von ihnen. „Teilweise kommen Frauen zu uns, die seit 20 Jahren in der DDR gelebt haben. Durch die Arbeitslosigkeit verlieren sie ihre Freunde und ihren ganzen sozialen Zusammenhang“, faßt Gisa Blanko zusammen. „Viele sind völlig isoliert, vereinsamen, haben Angst vor Neonazis und trauen sich kaum mehr auf die Straße. Wir wollen ihnen einen Ort bieten, an dem sie mit anderen Frauen ungestört und sicher zusammenkommen können“, meint Christiane Barckhausen.

Die ersten Monate waren nicht leicht. Es sei schwierig gewesen, das Vertrauen der Frauen zu gewinnen, sie zu motivieren und davon zu überzeugen, daß das Frauenzentrum am Hackeschen Markt nichts „Verwerfliches“ ist, erzählt Gisa Blanko.

Inzwischen sind die Kurse und Veranstaltungen gut besucht, auch von deutschen Frauen. „Die Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert bestens“, freut sich Christiane Barckhausen.

„Am Anfang zog ich durch die Studentenwohnheime und habe die vietnamesischen Frauen bekocht und sie persönlich ins S.U.S.I. eingeladen“, lacht Le Than Thuy im Rückblick. Die Medizinstudentin aus Vietnam war selbst an der Humbold-Uni immatrikuliert, kennt die Situation ihrer Landsfrauen sehr gut. Than Thuy geht mit ihnen auf Ämter, hift bei der Wohnungssuche und beteiligt sich an einer Selbsthilfegruppe. Hilfe zur Selbsthilfe ist ein Grundsatz bei S.U.S.I. Auch wenn den Frauen Rechtsanwältinnen und Psychologinnen zur Verfügung stehen, die sie in Notfällen in ihrer Muttersprache beraten, setzen die Mitarbeiterinnen auf die Eigeninitiative der Frauen. Auf deren Anregung hin wurden Sprach-, Tanz-, Theater- und Computerkurse initiiert. „Wir bieten Möglichkeiten, aber die Frauen bestimmen das Projekt mit“, bringt es Gisa Blanko auf den Punkt. Nach langen Diskussionen wurden deswegen auch Männer zu den Abendveranstaltungen zugelassen. Die Besucherinnen wollten nicht noch mehr Ausgrenzung zulassen. „Außerdem haben viele Angst, allein in der Nacht nach Marzahn oder Hohenschönhausen zu fahren“, meint Gisa Blanko: „So ist halt die Realität.“

S.U.S.I. ist geöffnet täglich außer Mittwoch von 10 bis 18 Uhr, mittwochs von 11 bis 14 Uhr. Informationen über Veranstaltungen und Kurse sind unter der Telefonnummer 2826627 erhältlich.