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„Ein Drittel Zugeständnisse“

■ Ein Buch mit Selbstberichten von DDR-JournalistInnen

Der Ex-Chefredakteur der Ostberliner Zeitschrift Weltbühne ist „ein bißchen verletzt jetzt“. Die Ex-Chefin der Wochenpost probiert noch aus, „ob es möglich ist, eine Zeitung mit einer Botschaft zu verbinden“: JournalistInnen der DDR antworten auf Fragen der Psychologin Renate Schubert. Sie greift damit ein Thema auf, das in der Debatte um DDR-Machtmechanismen zu Unrecht weitgehend unbeachtet geblieben ist. Angesichts eigener Verwicklung in die Verhältnisse besitzt die Autorin viel Verständnis für die Situation ihrer Gesprächspartner – und genau das steht ihr dann auch im Wege. Die Misere beginnt bei dem flachen Fragenkatalog, den sie ihren Gesprächspartnern vorlegt: „Warum sind Sie eigentlich gerade in diesem Beruf?“ Die Scheu, scharf zu fragen, ist das Dilemma des ganzen Buches. Die meisten der „Selbstberichte“ strotzen von „man“ und „wir“ und der Flucht in Passivsätze. Schubert will nicht, daß jemand „das Gefühl des Sichpreisgebens unangenehm erlebt“.

„Man war eigentlich völlig festgelegt“ und „Man ist eine Person außerhalb der persönlichen Entscheidungen“. Damit beschreibt Klaus Preisigke seine Situation im Medienbetrieb der DDR. Er lehrte zwanzig Jahre lang an der Leipziger Karl-Marx-Universität, Sektion Journalistik. Der beklagte Eingriff in seine persönlichen Entscheidungen hat handfeste Gründe: Er konnte bereits im zarten Alter von 30 Jahren hervorragende Leistungen auf dem Felde der Anpassung vorweisen und galt an der Leipziger Universität als unabdingbar. So bestand er zwar einen Test beim ZK der SED, der ihn zum Fernsehkommentator qualifizierte, durfte das Amt jedoch nicht antreten: Die Personalabteilung der Sektion Journalistik hatte gegen seinen Weggang interveniert. Ebensowenig durfte er dazumal ein Angebot des Fernsehrats annehmen, für 2.000 Mark monatlich Reden zu schreiben. Zum Trost stieg Preisigke an der Uni um so schneller auf. „Man paßt sich den Spielregeln an, (...) um sich dann den Raum zu verschaffen“, gibt er Auskunft. „Ein Drittel Zugeständnisse – und dann Offenheit, Diskussion, Demokratie.“

Die Autorin begnügt sich in den Gesprächen jedoch viel zu oft mit Andeutungen. Die Ausführungen brechen meistens gerade dann ab, wenn es interessant wird. Horst Schmidt, ein leitender Angestellter der „Aktuellen Kamera“ („AK“) setzt an, Interna zu berichten: wie die Kontrolle durch die SED-Führung aussah, wann sie schärfer wurde und was sich in der Endphase der DDR in der Redaktion abspielte. Aber während sich die verquasten Sätze von Professor Preisigke über sieben Seiten erstrecken, fällt das Befragungsprotokoll Schmidt knapp aus.

Die Interviews entstanden bereits vor eindreiviertel Jahren. Über ostdeutsche Medien ist inzwischen wenig, über die sogenannte Befindlichkeit jedoch zur Genüge debattiert worden. Im vorliegenden Buch sind ungeachtet dessen reichlich Beiträge abgedruckt, die wenig zur Situation des DDR-Journalismus, dafür aber viel über das allgemeine „Gefühl“ berichten: Christel Richter, Mitarbeiterin der Märkischen Allgemeinen, hat herausgefunden, daß „man gehofft (habe), mehr vom eigenen Staat mit rüberzunehmen“, und beklagt den „Versuch, uns die Vergangenheit zu nehmen“. Das Recht der OstjournalistInnen, weiter zu berichten, leite sich schon allein daraus ab, daß sie „hier großgeworden“ sind und „wissen, was die Leute hier denken und fühlen“. Friederike Freier

Renate Schubert: „Ohne größeren Schaden?“, 120 Seiten, Ölschläger Verlag, 28 Mark.

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