Haarrisse in der Hauptversammlung

■ Vorstandschef der Isar-Amper-Werke kritisiert die neue Atomdebatte

München (taz) – Der Jahresüberschuß stieg im vergangenen Geschäftsjahr von 49 auf 60 Millionen Mark. Aber Deutschlands größter, rein privater Stromversorger verdient sein Geld nicht mit Elektrizität, sondern mit Zinsen, Versicherungsentschädigungen und Grundstücksverkäufen. Zur Verbesserung des Betriebsertrags Erträge kündigte der Vorstandsvorsitzende Alfred Bayer einen Personalabbau von über zehn Prozent an. Auch eine Erhöhung der Strompreise sei nicht auszuschließen. 70 Prozent des von den Isar- Amper-Werken (IAW) selbst erzeugten Stroms stammt aus Atomkraftwerken. Nicht nur wegen der aktuellen Risse im Brunsbütteler Reaktor stand deshalb die diesjährige Hauptversammlung ganz im Zeichen der Atomenergie. Vorstand und Aufsichtsrat wurden mit Fragen zum Zustand der Reaktoren in Ohu, an denen die IAW beteiligt sind, zum Einsatz von plutoniumhaltigen MOX-Brennelementen, dem fehlenden Entsorgungsnachweis bombardiert – und natürlich dem Brief, in dem die Chefs der VEBA und der REW im Dezember Verhandlungen über ein „geordnetes Auslaufen“ der deutschen Reaktoren anboten.

Für das Landshuter Bürgerforum gegen Atomkraftwerke forderte Thomas von Taeuffenbach, das mit Brunsbüttel baugleiche AKW Ohu 1 stillzulegen, ehe es zu einem „finanziellen Faß ohne Boden“ werde. Die Auswechslung von Rohrleitungen habe bereits in den siebziger Jahren Hunderte Millionen Mark verschlungen und sei offensichtlich erfolglos geblieben.

Der Vorstandsvorsitzende wiegelte ab. Der Reaktor sei 1992 „ohne Beanstandungen“ untersucht worden. Er, Bayer, habe „keinerlei Sorge“, daß eine Entwicklung wie in Brunsbüttel eintreten könne.

Atomkritische Kleinaktionäre verwiesen auf eine einstimmige Entscheidung des Münchner Stadtrats, auch aus wirtschaftlichen Gründen im AKW Ohu 2 keine MOX-Brennelemente einzusetzen. Bayer wußte es besser: „Die kosten überhaupt nicht mehr!“ Nur klagt sein eigener Geschäftsbericht über Mehrkosten von 100 Millionen Mark „als Folge der massiven Behinderungen der Endläger Gorleben und Konrad sowie der Fertigungsanlage für Mischoxid-Brennelemente in Hanau“. Als Bayer einem Grünen- Gemeinderat, der zur Kommunalisierung der Energieversorgung sprechen wollte, das Mikrofon abdrehte, wurde Protest laut – auch unpolitische Aktionäre empfinden inzwischen Sympathie für Fragen von Atomkraftgegnern.

Mit Argwohn beobachtet Bayer deshalb die neuste Energiedebatte. „Wir planen keinen Ausstieg aus der Kernenergie.“ Auch VEBA und RWE planten ihn nicht. Nur „vage Optionen auf die weitere Nutzung der Kernenergie“ könnten die Isar-Amper-Werke nicht mittragen. Karl Amannsberger