Lockerheit überstimmt

■ Die Tanztheatergrupppe Coax hatte mit Drifting auf Kampnagel Premiere

hatte mit

Drifting auf Kampnagel Premiere

Zu HipHop gehört Tanz seit den ersten Tagen. Berühmte Rapper wie MC Hammer und seine riesigen Dance Squads, die in atemberaubender Präzision und scheinbarer Leichtigkeit akrobatische Tanzfiguren vollführen, haben später einen vielfach kopierten Stil geprägt, der heute für Dance-Videos beinahe obligatorisch ist. Coax, die Tanztheatergruppe von Rica Blunck und dem Maschinenkünstler Nicolas Anatol Baginsky hat sich nun damit beschäftigt, diese Musik ganz anders umzusetzen.

Statt mit klarer rhythmischer Bewegungsführung interpretiert Rica Blunck mit zwei Tänzern und einer weiteren Tänzerin die vom DJ Pari Dee (von der Hiphop-Truppe Soul, Truth & Power) live performte Music offen und bizarr. Dabei bildet ein horizontal schwingender und in Höhe und Geschwindigkeit verstellbarer Mühlenflügel das „Kommunikationshindernis“ zwischen den Doppelpaaren, die sich im Verlauf des Abends in verschiedenster Annäherung versuchen.

Anfänglich noch eher desperat und posenhaft, inszenieren die Tänzer sich gesten- und gebärdenreich selbst. Dennoch wirken die Beteiligten weit freundlicher als

bei der Werkstattaufführung vor

einigen Monaten, bei der ent-

sprechend der Musik (Heavy Metal) die Ausstrahlung weit aggressiver ausfiel. Hier nun überstimmt Lockerheit auch die wilderen Momente, die etwa zur Hälfte des Stückes mit dem Einsatz der Mühle als Gefahrenmoment, das man überspringen oder untertauchen muß, einsetzen.

Nun beginnen Berührungen, die in pseudo-leidenschaftlichen Umarmungen und Entkleidungen ihren vorläufigen, vom Flügel immer wieder unterbrochenen Höhepunkt finden. Im Finale finden sich die Tänzer als Gruppe zusammen, die

1gemeinsam mit dem DJ in einem schönen Moment von Freundschaftlichkeit dem nun langsam schwindenen Arm folgen.

Leider hat die Gruppe sich bei diesem Stück zu einer Sauberkeit entschlossen, die wenig Esprit entstehen läßt. Eine Boxring-Bühne in der farblichen Abscheulichkeit gift- grün, indigo und zitronengelb,

1Trainingsanzüge aus dem Hause Adi Dasslers und besagte Entschärfung des Geschehens lassen doch den Eindruck eine unvorteilhaften Glätte entstehen. Statt Mut zum Anstrengenden, Quälenden, das aber ergreift, beschreitet auch Coax, wie andere Hamburger Tanzcompagnies, lieber den Weg der weich gefederten Provokation.

1Auch wirken die überzeugende Musik und die gescratchten Klänge nicht immer überzeugend umgesetzt, insbesondere wegen den viele Leerlaufstellen in dem doch deutlich zu langen Stück. Ein zwiespältiger Eindruck bleibt, den man mit Straffung und etwas mehr Gewürz aber beseitigen kann.

Till Briegleb