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Integration ohne Sprachschwierigkeiten

■ Die Erlebnisse des zehnjährigen Alexander als einziger Ausländer im türkischen Sportverein Fatihspor an der Sternschanze

an der Sternschanze

Jeden Mittwoch nachmittag hat Alexander Grotte den einzigen festen Termin in der Woche - abgesehen von der täglichen Schule, versteht sich. Einmal in der Woche also, spielt der zehnjährige Sohn einer Deutschen und eines Franzosen aus dem Hamburger Schanzenviertel Fußball, oder besser gesagt, er hat Training. Nichts Außergewöhnliches eigentlich, außer, daß der Verein, in dem Alexander in der Abwehr steht, Fatihspor heißt und sich fest in türkischer Hand befindet. Alexander ist fast der einzige Ausländer unter dem balltretenden Nachwuchs. Man kann nicht behaupten, daß er sich dort unwohl fühlt. Im Gegenteil, er fühlt sich gut aufgehoben. „Dort will ich jetzt auch bleiben“, sagt Alexander und er weiß wovon er spricht. „Ich war schon bei dem HSV und dem HEBC, aber es war nicht gut.“ Mal kam der Trainer nicht, öfter fielen Spiele aus, kurz: es brachte einfach keinen Spaß. Mehr Freude bereitet es dem zehnjährigen indes bei Fatihspor, obwohl man „mit dem Trainer nicht spaßen kann; manchmal müssen wir Jungs halt unsere zwanzig oder dreißig Strafrunden laufen.“

Zu der Mannschaft mit dem grün-weissen Trikot kam Alexander über seine türkischen Freunde, die er im Stadtteil kennengelernt hat. Früher haben sie alle in den umliegenden Parks gekickt, bis vor drei Monaten als „Fatihspor“ gegründet wurde. Probleme hat er in dem türkischen Sportverein keine. Selbst die Sprachschwierigkeiten sind gelöst. „Alle reden deutsch, weil ich dabei bin“, sagt Alexander. „Nur der Trainer kann nicht so gut deutsch“. Er erklärt aber die Taktik auf türkisch und dann übersetzt jemand. Ein paar türkische Wörter hat Alexander schon gelernt, er würde aber gern richtig Türkisch lernen. Das sei aber nicht so einfach. In der Schule, wo er sich bei der Lehrerin über das Angebot an Fremdsprachen erkundigte, ist es jedenfalls nicht möglich; „Sie sagte, daß wir ab der fünften Klasse Englisch und ab der siebten Französisch lernen“. In der Schule spielt Alexander auch Fußball. Seine Schulkameraden trifft er aber außerhalb der Schule nicht, weil „alle sehr weit weg wohnen“. Nur mit Görkan trifft sich der Zehnjährige regelmäßig. „Er ist der Torwart der Mannschaft“.

Die Kommunikation dieser Mannschaft leidet nicht an Sprachproblemen. Und wenn die Spieler mit den Entscheidungen des Schiedsrichters nicht einer Meinung sind, müssen sie ihre Beschwerden sowieso auf deutsch verfassen, denn „der versteht nur deutsch“. Nur wenn der Mann in schwarz nicht verstehen soll, dann fliegen auch türkische Schimpfwörter, die Alexander allerdings nicht versteht - sagt er zumindest.

Wie homogen die „Fatihspor“ Jugendmannschaft ist, haben auch die Erfolge gezeigt, Ramassan, Mustafa, Erkan, Talat, Alexander und die drei Görkans haben den zweiten Platz in einem Hallen-Turnier erreicht. Die Trophäe hat sich Alexander nicht ohne Stolz auf den Tisch gestellt. Er kann sie aber nicht für immer in seinem Zimmer behalten, sie wird ihren Platz auf einem Regal in einer türkischen Kneipe finden, die auch als Klubraum dient. Mehr aber als über den Gewinn des Potts freut sich Alexander auf den kommenden Frühling. Dann können er und seine Freunde wieder im Freien kicken. Die Hallen sind zwar „rutschfest“, draußen macht es aber einfach mehr Spaß. Nikos Theodorakopulos

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