Soundcheck

■ Lee Konitz / Henry Rollins

Heute abend: Lee Konitz. „Lee Konitz brachte vor fünfzehn Jahren Ideen, die gewagter waren als all die jetzigen neuen Dinge“, stellte Miles Davis schon im Jahr 1964 fest. Obwohl es fast fünfzig Jahre her ist, daß Lee Konitz neben Charlie Parker zu den Erneuerern des Jazz zählte, hat Davis' Behauptung ihre Gültigkeit nicht verloren. Der im Jahr 1927 in Chicago geborene Konitz experimentiert immer noch mit seinem Altsaxophon und er blieb über die Jahre seinen Prinzipien treu: Nicht der kommerzielle Erfolg, sondern die ständige Suche nach dem inneren Gleichgewicht war sein Maßstab. Ohne ins Rampenlicht zu treten, beeinflußte er mit seinem ästhetischen Spiel jede neue Musikergeneration. Die Bühnen der rauchigen Jazzkeller verließ er nur, um als Lehrer in verschiedenen Colleges den Nachwuchs in die Geheimnisse der Improvisation einzuführen. Für das kleine dänische Label „Steeple Chase“ nahm er die letzten Jahre mit jungen Musikern einige Platten auf. Nikos Theodorakopulos

Birdland, 21 Uhr

Außerdem: Morgen abend feiern die Comsat Angels den elegischen 80er Jahre Poprock ihrer neuen LP My Minds Eye als Comeback in der Markthalle (21 Uhr).

Gehört: Henry Rollins. Daß Rollins rhetorisch gefestigt, ein selbstsicherer Geschichtenerzähler und Populist vor dem Herren ist, das beklatschte Donnerstag abend eine Menschenmenge, von der jedwede Literaturveranstaltung nur träumen kann. Nachdem der kalifornische Kraftmensch über das Verdammen von Skinheads auf „laßt die Glatzen platzen“-Niveau mit dem Publikum eine gemeinsame Ebene gefestigt hatte, konnte er in Folge gemächlich von Tour- und Kindheitserlebnissen berichten. Deren weiterführender Sinn reduzierte sich stets auf die gut amerikanische „jeder kann es schaffen“- Maxime.

Passend dazu seine ach so liebenswerten Attacken gegen jeglichen Starkult, denen er häufig genug selbst widersprach und ein geradezu himmelschreiendes Unverständnis fremder Kultur, das er am Beispiel der Lächerlichmachung japanischer Höflichkeitsrituale hervorkehrte.

Abgesehen von der lobenswerten Aufrechterhaltung einer weiter nachlassenden Erzählkultur sollte man sich beim nächsten - völlig überteuerten - Eigentherapie- Abend von Henry Rollins lieber einen seiner eigenen Leitsprüche zu Herzen nehmen: „Stay home, read a book.“ Holger In't Veld