Alte Hasen und junges Gemüse

■ „Mister Tagesthemen“ im Ruhestand schult TV-Sprecher / Hanns-Joachim Friedrichs gegen die „Moderationswut der Hierarchen“

„Das mit dem Fußtippen ist doch Mist“, grummelt der Trainer und erntet von seinen Schützlingen ein dankbares Lächeln. „Sie sollen sich bei Ihrer Moderation nicht auch noch um den Schalter kümmern müssen. Und achtet drauf, wie ihr sitzt.“ Hanns-Joachim Friedrichs alias „Mister Tagesthemen“ im Ruhestand hat sich vom Fußschalter, der den Text auf dem Teleprompter genannten Bildschirm vor dem Sprecher weiterlaufen läßt, nie gestört gefühlt. „Aber anderen kann es so gehen.“

Die anderen sind die acht Teilnehmer des Fortbildungskurses „FS-Moderation mit Hanns-Joachim Friedrichs“. Die Fernseh- RedakteurInnen wollen vom Profi Friedrichs profitieren. „Mein Wissen gebe ich gerne weiter“, meint der 65jährige, während er im Seminarraum der ZFP in Hannover wieder eine seiner unzähligen Zigaretten ausdrückt. ZFP steht für „Zen

Foto: Zwei Jungs gucken

drei Glotzen

gleichzeitig.

Reporter im Fortbildungsrausch. Foto: Archiv

trale Fortbildung für Programmitarbeiter von ARD/ZDF“.

Die acht Teilnehmer müssen durch eine etwa 15 Minuten lange Sendung mit verschiedenen Beiträgen führen — von der politischen Sturmfahrt des Gerhard Schröders in Sachen Taiwan-U-Booten bis zur Gerüchteküche um den britischen Premier John Major und seine Prominenten-Köchin.

„Eigentlich brauchen Moderatoren keine andere Fähigkeit als die, möglichst vielen Menschen sympathisch zu sein“, nennt Friedrichs ein Erfolgsrezept. „Die Persönlichkeit entscheidet, die Wirkung der Stimme, das Auftreten.“ Doch Sympathie allein bringt's auch nicht: „Mit schlechten Manuskripten kann man kein guter Moderator sein.“ So steht und fällt ein Sprecher mit der Präzision seiner Texte: „Sie haben exakt 20 Sekunden für die Moderation des nächsten Beitrags. Versuchen Sie mal, die ohne gute Textvorlage genau zu treffen.“

Mit seinem Kursus jedenfalls hat Friedrichs einen Treffer gelandet. Mehr als 50 InteressentInnen gab es für die acht Plätze. „Ich habe einfach Respekt und Achtung vor seiner Erfahrung“, kommentiert Kursteilnehmerin Kerstin Tewes, Redakteurin im NDR-Landesfunkhaus Schleswig-Holstein in Kiel, die Trainingsarbeit Friedrichs'.

Der hat auch nach 17 Monaten „Tagesthemen“-Ruhestand seine preisgekrönte, „kritisch- distanzierte, auf den Punkt formulierte Sicht der Tagesereignisse“ nicht eingebüßt. „In den Fernsehsendern ist eine Moderationswut der Hierarchen ausgebrochen“, zielt Friedrichs auf kamerasüchtige Fernsehbosse — sein Kommentar: „Unprofessionell.“ Vielleicht hilft ein Fortbildungskurs — bei Profitrainer Friedrichs. Hannes Boeckhoff/dpa