Über 30.000 ohne Arbeit

■ Drastisch mehr Arbeitslose und Kurzarbeit / Düstere Prognosen

Die Konjunkturschwäche macht sich drastisch auf dem Bremer Arbeitsmarkt bemerkbar: Die Zahl der Arbeitslosen ist im Januar so stark gestiegen wie schon seit drei Jahren nicht mehr. In Bremen waren erstmals wieder über 30.000 Menschen ohne Arbeit; die Arbeitslosenquote stieg auf 10,9 Prozent. Das bedeutet einen Zuwachs von 18,8 Prozent gegenüber Januar letzten Jahres.

Gleichzeitig mit einem ebenfalls sprunghaften Anstieg der Kurzarbeit und dem Zusammenbrechen des ABM-Arbeitsmarktes öffnet sich wieder die Schere zur bundesweiten Entwicklung: In Bremen ist die Arbeitslosigkeit erstmals seit 1990 nicht mehr rückläufig und steigt zudem sehr viel stärker an als im Bundestrend.

„Angesichts dieser Entwicklung gehen überall die Alarmlampen an“, sagt Günter Pahre, Leiter der Arbeitsvermittlung des Bremer Arbeitsamtes. Nicht nur die Baubranche steckt in ihrer Winterflaute: Entlassungen hat es besonders im metallverarbeitenden Bereich und dem Verkehrsgewerbe, unter anderem den Häfen, gegeben. „Da sind überwiegend ältere Mitarbeiter freigesetzt worden“, so Pahre. Eine immer höher steigende Zahl der Arbeitslosen aus dem Dienstleistungsbereich ist auf eine Vielzahl auslaufender ABM-Stellen zurückzuführen.

Fast 24.000 KurzarbeiterInnen wurden im Januar gemeldet — Ursache sind die Kurzarbeit bei Mercedes, Klöckner und in den Zuliefer- und Weiterverarbeitungsbetrieben der Stahl- und Automobilbranche. „Dort gilt allerdings das 'Prinzip Hoffnung', daß es bald wieder weitergeht“, sagt Günter Pahre.

Das Ende der Fahnenstange ist dagegen offensichtlich im ABM- und Weiterbildungs-Bereich erreicht: „Legt man die jetztige Situation zugrunde, werden in diesem Jahr in beiden Bereichen kaum ein Drittel der Maßnahmen zur Verfügung stehen, als in den letzten Jahren normal war“, rechnet Pahre vor. Der Arbeitsvermittler schätzt, daß dann von insgesamt 7.500 Maßnahmen etwa 1.000 ABM-Stellen und 1.500 Weiterbildungsmaßnahmen übrigbleiben würden. „Da wird sich in absehbarer Zeit nichts tun — uns geht das Geld aus, und die arbeitsmarktentlastenden Instrumente gehen uns verloren.“ Zum in dieser Situation „kontraproduktiven Verhalten“ seien die Arbeitsämter jedoch gezwungen. Und auch wer das Akademikerparken auf ABM-Stellen kritisiert — „AB-Maßnahmen für wirklich Benachteiligte gibt es zu wenig“, findet Pahre. Und die Statistik besagt, daß drei Viertel derer, die sich in einer Weiterbildungsmaßnahme qualifizieren, anschließend einen Job finden.

Nach einer Umfrage in bremischen Unternehmen kommt die Handelskammer zu dem Schluß, die „Konjunkturdelle“ habe sich zu Jahresbeginn verstärkt. Auch im Export- und Importhandel mache sich die Konjunkturschwäche bemerkbar. Als einzige bremische Branche gibt die Wohnungswirtschaft keine „Schlecht“-Urteile ab. Aus Sicht der bremischen Industrie stellt sich die wirtschaftliche Lage derzeit überwiegend „befriedigend“ dar — nur sechs Prozent beurteilten ihre Lage mit „Gut“. Für die Zukunft sieht die Industrie jetzt mehrheitlich mit 58 Prozent eine ungünstigere Entwicklung voraus. skai