Ostasien-Sammlung aufgetaucht

■ Bisher verschollene Kunstschätze aus Berliner Museen liegen seit Kriegsende in St. Petersburg/ Verhandlungen über Rückgabe

Berlin/St. Petersburg. Wesentliche Teile der Sammlung ostasiatischer Kunst der Berliner Museen, die seit Ende des Zweiten Weltkrieges zu 90 Prozent mit etwa 5.200 Objekten als für immer verloren galt, befinden sich in der Eremitage in St. Petersburg, wo sie bisher vor der Öffentlichkeit verborgen gehalten wurden. Eine entsprechende Bestätigung des Direktors der Eremitage erhielt jetzt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, teilte deren Präsident Werner Knopp diese Woche in Berlin mit. Seinem Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Wolf- Dieter Dube, sei bei dessen kürzlichen Besuch in St. Petersburg völlig überraschend diese Eröffnung gemacht worden.

Der Direktor des Museums für Ostasiatische Kunst und China- Experte Willibald Veit sagte dazu: „Ich möchte furchtbar gerne dorthin fahren, aber ich bin wohl noch ein zu kleines Licht in dieser Angelegenheit, und so warte ich auf grünes Licht von höherer Ebene.“

In der kommenden Woche, am 10. und 11. Februar, werden deutsch-russische Verhandlungen über die Rückführung von Kulturgütern in Dresden stattfinden, an denen unter anderen der russische Kulturminister Jewgeni Sidorow, Bundesinnenminister Rudolf Seiters sowie Vertreter der Bundesländer Sachsen, Berlin und Bremen teilnehmen werden. In Dresden soll es zunächst um praktische Regelungen wie den Rhythmus weiterer Gespräche und den Austausch von Verlustlisten gehen.

Als gegen Ende des Zweiten Weltkriegs die wertvollen ostasiatischen Bestände zum Teil in losen Stücken auf zahlreiche Militärlastwagen verstaut wurden, ging unter anderem die wohl größte Fachbibliothek außerhalb des Fernen Ostens verloren. Besonders schmerzlich waren aber unter anderem auch der Verlust von 216 No-Masken, chinesischer Kultbronzen, kostbarer Schwertzierate und einer großen Sammlung chinesischer Jade.

Aus dem Bestand der Berliner Staatsbibliothek befänden sich in Rußland über 200.000 Druckschriften sowie über 50.000 seltene Drucke wie die Luther-Sammlung. Die Verlust- beziehungsweise Suchliste der Staatlichen Museen zu Berlin reicht von den Edelmetallfunden des Museums für Vor- und Frühgeschichte (darunter der „Schatz des Priamos“ und der „Goldfund von Eberswalde“) bis zur Antikensammlung.

Die Bereitschaft zur Rückgabe ist laut Stiftungspräsident Knopp „auf fachlicher Ebene da, auf politischer Ebene jedoch nicht in gleichem Maße“. Die russische Seite verweise immer wieder „auf die großen Verwüstungen, die die Deutschen in ihrem Land angerichtet haben“ und darauf, daß schließlich auch viele sowjetische Kunstbestände verlorengegangen seien.

Knopp hofft dennoch, daß das Land Berlin die Kunstschätze letzten Endes zurückerhalten wird: „Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß ein Land – es mag unter dem Krieg gelitten haben, und wer könnte das nicht besser verstehen als wir – Sammlungen behalten will, die anderen Museen gehören. Es wird einen Poker geben, aber man muß zu einem Ausgleich und zu einer Einigung kommen. Um Geld geht es allerdings nicht alleine. Unser Eindruck ist, daß hier auch emotionale Gründe eine Rolle spielen.“ dpa