Die Königliche Post kommt unter den Hammer

■ Die Privatisierungspläne müssen von der britischen Queen und von der EG-Kommission abgesegnet werden/ Auch die Staatsbahn muß privat weiterfahren

London (taz) – Nach Wasser, Strom, Telefon und Eisenbahn nun die Post – die britische Regierung läßt in ihrem Privatisierungseifer kein Staatsunternehmen ungeschoren. Ein Ausschuß hat empfohlen, rechtzeitig vor den nächsten Parlamentswahlen im Jahr 1997 Postaktien im Wert von fünf Milliarden Pfund auf den Markt zu bringen.

Der Vorschlag ist im Kabinett unterschiedlich aufgenommen worden. Während eine Mehrheit für die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft ist, verlangen einige Kabinettsmitglieder die Aufspaltung der Post in verschiedene Unternehmen, um dadurch den Wettbewerb zu fördern. Um den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, will der Ausschuß das Postmonopol retten. Bisher dürfen Briefe bis zu einer Gebühr von einem Pfund nur von der Post befördert werden. In Zukunft können Privatfirmen zwar sämtliche Post annehmen, müssen jedoch Briefe bis 75 Pence an die Sortierämter der Royal Mail weiterleiten. Die Leitung dieser Ämter will man aber ebenfalls Privatunternehmen übergeben. Für die Überwachung der Postdienste wäre eine neue Behörde, „Ofpost“, zuständig.

Die Gesetzesvorlage für diese komplizierte Regelung soll erst im November nächsten Jahres ins Parlament eingebracht werden. Die ersten Aktien könnten dann 1996 ausgegeben werden – wenn die Königin zustimmt. Da liegt jedoch der Haken. Die Queen kann ihre Zustimmung verweigern, da ihr Porträt von den Briefmarken verschwinden müßte. Schließlich kann sie keine Reklame für eine Privatfirma machen. Aus diesem Grund ist die ehemalige Premierministerin Margaret Thatcher auch vor der Post-Privatisierung zurückgeschreckt. Außerdem müssen die Windsors, die ihre Briefe und Pakete bisher unfrankiert abschicken, danach vermutlich Gebühren zahlen.

Aber auch die EG-Kommission muß die Privatisierung absegnen. Von Karel van Miert, dem belgischen EG-Kommissar für Wettbewerb, erwartet die Regierung jedoch keine Schwierigkeiten. Um den Widerstand der Labour Party aufzuweichen, hat sich der Ausschuß der Regierungsbeamten einen Trick ausgedacht: Den Postangestellten sollen Rabatte und kostenlose Aktien gewährt werden, und die Gewerkschaften will man mit Aktien-Sonderangeboten ködern.

Über die Empfehlungen des Ausschusses will die Regierung im März entscheiden. Entschieden ist dagegen bereits jetzt, welche Strecken der Eisenbahngesellschaft British Rail nächstes Jahr verscherbelt werden. Darunter befinden sich die drei Inter-City-Linien von London nach Edinburgh, nach Wales und zum Flughafen Gatwick. Außerdem werden zwei Regionalnetze im Großraum London, das schottische Netz sowie die unbedeutende Strecke auf der Isle of Wight, auf der ausrangierte Londoner U-Bahnen verkehren, privatisiert. Insgesamt haben diese Strecken im vergangenen Jahr 760 Millionen Pfund eingefahren – immerhin ein Drittel des Umsatzes von British Rail.

Überraschend kündigte Transportminister John Mac Gregor an, daß auch die gesamte Infrastruktur einschließlich Schienennetz und Signale schon im April 1994 verkauft wird. Das neue Unternehmen, „Railtrack“, soll die Hälfte der 130.000 Angestellten übernehmen. Die Reste von Britsh Rail will die Regierung bis Ende des Jahrhunderts losschlagen. Mac Gregor ist zuversichtlich, daß der Eisenbahnservice nach der Privatisierung erheblich besser wird. In einem internen Papier, das dem Guardian in die Hände gefallen ist, liest sich das jedoch anders: Durchbuchungen, verbilligte Fahrkarten und selbst ein landesweiter Fahrplan seien stark gefährdet, warnen die Beamten des Transportministeriums. Ralf Sotscheck