Der Philosoph und Ökologe Hans Jonas ist tot

■ Der 89jährige starb gestern in New York

Berlin (taz) – Wie kurz vor Redaktionsschluß bekannt wurde, starb der Religionswissenschaftler und Philosph Hans Jonas gestern im Alter von 89 Jahren in seinem Haus in dem New Yorker Vorort New Rochelle. Mit seinem 1979 erschienenen Werk „Das Prinzip Verantwortung“ hatte er wie kein anderer Denker die Notwendigkeit einer neuen Ethik vor dem Hintergrund der globalen ökologischen Krise begründet. Jonas war einer der wenigen akademisch geachteten Philosphen, denen es – wie etwa Günther Anders – ein Anliegen war, durch kritische Analyse Maximen des Handelns zu entwickeln, die allgemeinverständlich formuliert waren und politische Wirkung entfalten konnten.

Hans Jonas wurde am 10. Mai 1903 in Mönchengladbach als Sohn eines Textilfabrikanten geboren und schloß sich früh der zionistischen Bewegung an. Er studierte in Freiburg, Berlin, Heidelberg und Marburg unter anderen bei Edmund Husserl, Martin Heidegger und Rudolf Bultmann. 1928 promovierte er über den Begriff der Gnosis. 1933 emigrierte Jonas zunächst nach England und zwei Jahre später weiter nach Palästina; im Zweiten Weltkrieg kämpfte er in der britischen Armee. Seine Mutter wurde 1942 in Auschwitz ermordet. Nach dem Krieg lehrte Jonas in Jerusalem, Montreal und Ottawa. 1955 wurde er als Professor für Philosophie an die New School for Social Research in New York berufen, wo er mehr als 20 Jahre lehrte.

In seinem letzten großen Interview mit dem Spiegel präsentierte er sich im vergangenen Sommer als optimistischer Pessimist: „Ich habe eine gewisse paradoxe Hoffnung auf die Erziehung durch Katastrophen.“ Obgleich er angesichts des rasanten Bevölkerungswachstums, der fortschreitenden Naturzerstörung und des ungebrochenen Fortschrittsglaubens die Zukunftsaussichten der Spezies Mensch eher skeptisch beurteilte, wehrte er sich dagegen, in Resignation zu versinken. „Der völlige Verzicht auf Hoffnung ist das, was das Unheil nur beschleunigen kann.“ M.S.