■ Schöner leben
: Das Dünnfell

Schöner Leben

Das Dünnfell

Der Winter ist ja an und für sich schon hart genug. Verworrene Enten enten im Kreise, Schlittschuhläufer ertrinken im Eise, und selbst die Hundehaufen verhärten. Ist es da nicht vornehmste Aufgabe des Menschen, sich warm anzuziehen?

Eben nicht! Es soll nämlich irgendwo geschrieben stehen: Du sollst kein dickes Fell haben! Aber das ist gelogen, weil, wenn du mit einem dünnen kommst, bist du genauso ein Schwein oder hundsgemein. Du sollst gar keins haben und lieber von Kopf bis Fuß ersterben, als dir, sagen wir, auch nur ein räudiges Füchschen um den Hals zu hängen.

Auch nicht das niedliche kleine Erbschwänzchen von Omma, das schon 50 Jahre tot ist und bereits damals an Altersschwäche eingegangen oder an der Antenne um die Welt gefahren sein muß. Jedenfalls nicht erschossen. Und darum hänge ich es mir manchmal an den Hals und gehe, ein armes, aber warmes Schwein, in die Stadt. Die lauter gute Tierschützer hat. Ach, gleich ist man gesichtet, gerichtet und vernichtet! Bloß das tote Schwänzchen überlebt.

Nun wäre es gar nicht so übel, im Winter kurzfristig als Sünderin zu sterben. Man könnte sich pro forma im Fegefeuer etwas aufwärmen und dann Klopfzeichen geben und sagen, Verzeihung, man wäre witzigerweise doch noch am Leben. Bloß um mein Füchschen wär's schade. Dem würde ja hier oben ziemlich fade, so ohne mich, sein Schwein. Das wär' also auch gemein. Claudia Kohlhase