■ Gastkolumne
: Kröning oder: Einer muß doch das Sagen haben

GASTKOLUMNE

Kröning oder: Einer muß

doch das Sagen haben!

Nun kürzen sie wieder. Das war einmal eine Schreckensmeldung, die Bremen weiland zu SPD-Zeiten aufscheuchte. Die Streichungen des Senat verliefen höchst dramatisch und machten Schlagzeilen. Rücktrittsdrohungen, Auszeiten, nächtelange Sitzungen ... und schließlich tingelte man durch die Ortsvereine, um die Kürzungen zu erklären. Da ganze nervenaufreibende Theater hatte seinen Grund darin, daß man sich noch als politikfähig einschätzte, also: Aternativentscheidungen für möglich hielt. Inzwischen ist die Haushaltsnot entsetzlich geworden und Hoffnungslosigkeit paralysiert die Ampel.

Wie soll eine Regierung auch handlungsfähig sein, wenn der Finanzsenator vier Wochen nach Haushaltsbeginn ein 200-Millionen-Loch entdeckt und dem ratlosen Senat noch in die Schreckensstarre hinein verkündet, daß weitere 140 Millonen vom letzten Jahr den Miesen- Sumpf vertiefen. Zynischer konnte Kröning den Geist von Bederkesa nicht zum Gespenst machen. Offensichtlich redet er nichteinmal mit dem Bürgermeister, sondern bringt in dessen Abwesenheit die bremische Politik zu Ende. So gehen Autisten miteinander um. Kröning scheint nur noch mit Hochmut auf die Kerlchen im Senat zu blicken. Dabei ist er als Finanzsenator eine Verlegenheitslösung. Wenn Grobecker nicht in den Sack gehauen hätte, wäre Kröning heute draußen vor der Tür.

Jetzt ist er der starke Mann und ersthaft im Gespräch als Landesvorsitzender der SPD oder gar als Bürgermeister. Ob es dazu paßt, wenn er die Riege der Ressortchefs demütigt? Denn anders ist nicht zu verstehen, was er dem Senat zum Beschluß vorlegt. Bevor der Haushalt richtig angefangen hat, werden alle Konsummittel gesperrt und nur Ausgaben zugelassen, die zwingend ein Gesetz verlangt. Für jedermann ist offensichtlich, daß der Senat dann Däumchen drehen muß. Den Gipfel der Kollegenverachtung erklimmt ber Volker Kröning, wenn er den Senatoren unterstellt, daß sie sich „permanent Undinge“ leisteten. Selbstredend weiß der Finanzsenator, daß die ursprünglichen Konsummittel schon einmal um 10 Prozent gekürzt worden sind. Wenn jetzt wieder um 10 Prozent gekürzt werden soll und wir die Inflationsrate hinzurechnen, haben die Ressorts rund ein Viertel weniger Konsummittel als ursprünglich angesetzt. Das wäre aber das Geld, mit dem Politik gemacht wird.

Was Kröning mit den öffentlichen Angriffen auf den übrigen Senat bezweckt, wird vollends unverständlich, wenn es um die angeblichen Haushaltsüberschreitungen in 1992 geht. Rund 2 Prozentpunkte mehr als beschlossen sollen die Ressorts ausgegeben haben. Haushaltsüberschreitungen zu tätigen ist ein schwieriges Geschäft. Der Haushaltshaltsausschuß muß dabei übertölpelt werden, und wenn es um Stellen geht, auch noch die SKP. Beide gehören zum Finanzsenator. Ein genauso schwieriges Geschäft, das Kröning noch nicht geleistet hat, ist aber, den Ressorts im Einzelnen nachzuweisen, an welchen Stellen und wie es ihnen geglückt ist, mehr Geld auszugeben als Parlament und Haushaltsausschuß bewilligt haben. So etwas muß in Senat und Fraktion geklärt sein, bevor man öffentlich beleidigt.

Der Berg von mehr als 340 Millionen Schulden, der da plötzlich übers Rathaus rutscht, treibt Kröning jetzt zur Flucht nach vorn. „Haltet die Schuldenmacher!“, darf aber nur einer rufen, der selber nicht dabei gewesen ist. War Kröning wirklich nicht dabei? Das wirft kein gutes Licht auf sein Ressort, das freilich besser ist als er es darstellt.

Diesmal verkündet es der amtierende Finanzsenator selbst: Bremens Regierung wurschtelt vor sich hin. Soviel Regierungsläme gibt es aber selbst in Bremen nicht, daß der Senat das schlucken muß. Warte nur, Volker, wenn der Klaus am Mittwoch aus Riga zurück ist! Wenn aber nichts passieren sollte, dann regiert Imperator Julius Augustus Kröning. Wahrscheinlich zielt alles darauf ab. Schließlich muß doch einer hier das Sagen haben. Thomas Franke, ex-Senator