Auf Brettl-Format

■ Richard III. in den Kammerspielen / Klamauk im britischen Königshaus

in den Kammerspielen/Klamauk im britischen Königshaus

Wenigstens das geht alles ganz schnell in den Kammerspielen: Nur zweieinhalb Stunden braucht Michael Quasts Richard III., um ein Dutzend politischer Morde zu erledigen und drei Edelfrauen gründlich das Herz zu brechen. Mit psychologischer Feinarbeit hält sich Stephan Barbarinos Inszenierung des Shakespeareschen Königsdramas ohnehin nicht lange auf. Kabarettist Quast spielt den Titelhelden als zynischen Polit-Entertainer, der nur mal demonstrationshalber in die Rolle des Bühnen-Schurken schlüpft.

Im „Boss“-gesponserten Edelanzug betritt Quast die leere Bühne mit dem wuchtigen Steinportal (Moritz Schröder) und absolviert den berühmten Eingangsmonolog. Ironisch dehnt er die Sätze, kaut genüßlich auf einzelnen Worten herum, als wolle er Shakespeares Verse nach Kabarettisten-Art demontieren. Die Motive, die der klumpfüssige Herzog von Gloucester, der spätere Richard III., für seine Schurkereien anführt, werden als Teil einer politischen Selbstinszenierung bloßgestellt. Erst zum Ende des Monologs stülpt sich Quast den orthopädischen Spezialschuh als Zeichen der körperlichen Versehrtheit über — ein lockeres Schnippen in Richtung Lichtregie, dann nimmt das Drama seinen Lauf.

Was folgt sind Episoden einer skrupellosen Polit-Karriere, die nach Art einer Schmierenkomödie abgefeiert werden. Mit lässigem Charme läßt Richard seinen Bruder George (Johannes Silberschneider) ins offene Messer laufen, damit er seinen Thronambitionen nicht im Weg steht. Gut gelaunt bändelt er mit der farblosen Lady Anna (Anna Riedl) an, obwohl die junge Frau im violetten Mini-Kleid noch um den von Richard hingemeuchelten Gatten trauert. Keine dieser Szenen wirkt überzeugend, denn Quasts smarter Titelheld verfügt weder über teuflische Verführungskraft noch über die Dämonie des Bösen.

Shakespeares monströser Mordbube, durch Selbsthaß und brutales Machtstreben ins Übermenschliche gesteigert, wird kurzerhand auf Brettl-Format zurückgeschrumpft. Aktuelle Brisanz gewinnt die Vorstellung dadurch nicht, auch nicht durch politische Intrigen, die als Pressekonferenz getarnt werden, oder durch flapsige Anspielungen im Text. Für den zungenfertigen Kabarettisten ist der Shakespeare-

1sche Königsmantel ein paar Nummern zu groß, sein zynischer Charme wirkt mit der Zeit ermüdend.

Für ein kurzweiliges Rahmenprogramm sorgen allenfalls die komischen Typen aus dem britischen Hochadel, allen voran der schlampige King Edward (Johannes Silberschneider) oder der subalterne Buckingham (Ulrich Bähnk). Doch während Brakenbury (Christoph Leszcynski) die schlichten Fichtensärge der Gemeuchelten im Bühnenbild deponiert, läppert das Geschehen dem Finale entgegen. Daß unter der Partisanenmütze des siegreichen Widersachers Richmond noch einmal der Kabarettist Quast zum Vorschein kommt, ist nur noch eine schmale Schlußpointe. Rolf D. Suhl