Das Aus für den guten alten Spürhund

■ Jahresbilanz beim Hamburger Zoll: trotz EG-Binnenmarkt viel zu tun / Computer ersetzen den Schäferhund

: trotz EG-Binnenmarkt viel zu tun /

Computer ersetzen den Schäferhund

Wer meint, nach Öffnung des EG-Binnenmarktes habe der Zoll nichts mehr zu tun, der hat sich arg getäuscht. Vielmehr prophezeien die Hamburger Zöllner für 1993 Personalengpässe, trotz stagnierenden Warenumschlags im Hafen. Denn fette Beute wird von ihnen nach wie vor gemacht, wie die von Oberfinanzdirektor Heinz Kaufmann gestern vorgestellte Jahresbilanz 1992 zeigt.

Nur sechs Prozent der Waren, die im Hafen ankommen, stammen aus den EG-Mitgliedsstaaten. Leicht zu kassieren sind die Verbrauchsteuern. 1992 „vereinnahmte“ (gängiger Fachausdruck für „kassieren“) die Bundeskasse Hamburg zum Beispiel an Mineralölsteuer rund 23,8 Milliarden Mark, an Tabaksteuer rund 588000 Mark (1991: 407000 Mark), Branntweinsteuer rund 7,1 Millionen Mark und Umsatzsteuer rund 6,75 Millionen.

Medienwirksamer und zur Selbstdarstellung der Behörde besser geeignet sind da schon die „spektakulären“ Fahndungserfolge im Schmugglergeschäft. Die findigen Fahnder fanden 1992 70 Kilogramm Heroin (1991: 93 Kilo), 475 Kilo Kokain (1991: 168 Kilo), rund acht Tonnen Mariuahana. Der Zigarettenschmuggel in Hamburg boomt: Sieben Millionen wurden sichergestellt (1991: 2,6 Mio).

Fahndungsdirektor Rolf Zabel: „Der Hamburger Hafen ist der Ausgangsort für 'schwarze' Zigarettenexporte in östliche Länder. Die kann man dann wieder billig an den Ostgrenzen kaufen“. 5400 Schmuggler erwischten die Hamburger Fahnder. Ihr Arbeitsfeld ist sicherlich noch das abenteuerlichste im Zollgeschäft.

123 Fahnder arbeiten zur Zeit in Hamburg. 150 werden 1993 jedoch gebraucht. Und die sind schwer zu kriegen. Von den „Westgrenzen“ zu Frankreich oder Luxemburg sollten sie abgezogen werden. Dort wurden nach der EG-Öffnung 106 der 124 Grenzzollämter geschlossen. Doch den Jung-Zöllnern ist Hamburg zu teuer. Von 30 in Düsseldorf Umworbenen kam nur ein einziger her. Ein Wohnungsbauprogramm mit 128 Sozialwohnungen und ein Ledigenwohnheim sollen in diesem Jahr Anreize bieten. Denn trotz fetter Beute ist das Gehalt eines grünen Fahnders eher mager. Nur 2000 brutto inklusive Ortszuschlag erhält ein Zöllner in der untersten Gehaltsstufe. Und selbst Hamburgs oberster Zöllner, der 65jährige Oberfinanzdirektor Heinz Kaufmann, bekommt nicht mehr als 7600 Mark brutto.

Für wenig Geld müssen die Zöllner neuerdings eine unangenehme Arbeit machen: Zur Bekämpfung der Schwarzarbeit sind in Hamburg seit zwei Jahren acht Beamte beschäftigt. Im Auftrag der Arbeitsverwaltung überprüften sie 1850 Personen und erwischten dabei 78 illegal beschäftigte Ausländer.

Auch der gute alte Spürhund wird demnächst aus dem Zöllnerleben verschwinden. In Waltershof wird in diesem Jahr mit dem Bau eines computergesteuerten Röntgengerätes begonnen, mit dem von 1994 an Container nach Rauschgift durchleuchtet werden können: 130 Stück pro Tag. Katrin Wienefeld