Die Rechten stoßen in eine „Gerechtigkeitslücke“

■ Frankfurter Grüne warnen vor „Haselnußkoalition“ nach Kommunalwahl/ „Solidarpakt“ treibe Reps Wähler zu

Frankfurt/Main (taz) – Aufgeschreckt von Umfrageergebnissen zu den hessischen Kommunalwahlen haben die Grünen im Frankfurter Römer und der hessische Umweltminister Joschka Fischer zum „Kampf gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit an der Wahlurne“ aufgerufen. Die von IPOS in Mannheim für die „Republikaner“ (Rep) ermittelten 6,7 Prozent der WählerInnenstimmen in Frankfurt seien ein Alarmsignal an die Adresse der demokratischen Parteien, sagten die Grünen gestern auf einer Pressekonferenz.

Für den Frankfurter Umweltdezernenten Tom Koenigs ist die hessische Kommunalwahl eine Testwahl für die politische Standortbestimmung der gesamten Republik. Es reiche deshalb nicht mehr aus, nur zu Lichterketten zu gehen und die ausländerfreundliche Gesinnung demonstrativ auf der Straße zur Schau zu stellen. Nur eine klare Absage an die Rechten mit dem Stimmzettel sichere das liberale Klima in Frankfurt. Koenigs: „Und niemand soll glauben, daß die Europäische Zentralbank noch nach Frankfurt kommt, wenn die Stadt eine Hochburg der Rechten geworden ist.“

Schönhuber, so Joschka Fischer, plane von Frankfurt aus seinen „Marsch auf Bonn“. Und deshalb müsse der prognostizierte Einmarsch der Reps in den Römer mit allen Mitteln verhindert werden. Der „radikale Narrenzug“ (Koenigs), dem die schwarzbraune „Haselnußkoalition“ oder die große Koalition auf dem Fuße folge, sei von Bonn aus losgefahren, analysierte Fischer. Gipfelpunkt dieser „Politik des krassen Verzichts auf soziale Gerechtigkeit“ sei das „Abkassiermodell Solidarpakt“, sagte Fischer. Die Menschen, so auch Schuldezernentin Jutta Ebeling, seien in eine „Gerechtigkeitslücke“ gestoßen worden. Und deshalb müsse die soziale Frage in den letzten vier Wochen vor der Wahl das zentrale Wahlkampfthema werden. In diesem Zusammenhang warf Joschka Fischer auch den Sozialdemokraten „Versäumnisse“ vor. Die Vernachlässigung ihrer klassischen Klientel und die Konzentration auf das ökonomische Profil der Partei habe den Rechtsradikalen schon in Baden-Württemberg bei den Landtagswahlen ein „Coming- out“ beschert, meinte Fischer. Als Beispiel dafür, daß sich auch die KommunalpolitikerInnen im Römer inzwischen „meilenweit“ von den WählerInnen vor allem an der Peripherie der (noch) Wohlstandsgesellschaft entfernt haben, berichtete abschließend Fraktionsgeschäftsführer Lutz Sikorski von einer Allparteienveranstaltung im Stadtteil Riederwald. Dort sollte den BürgerInnen das 200-Millionen-Projekt Alleentunnel schmackhaft gemacht werden. „Aber den Menschen dort, sagte Sikorski, denen war der Tunnel völlig egal. Die wollten wissen, was wir gegen die Wohnungsnot machen, wie wir die Mieten auf ein erträgliches Maß zurückschrauben und was wir gegen die bevorstehenden Sozialhilfekürzungen zu unternehmen gedenken.“ Klaus-Peter Klingelschmitt