Sprachklon

■ "Unternehmenskultur" - ein fortgeschrittener Vortrag vor Bremer Managern im WTC

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„Unternehmenskultur“ — ein fortgeschrittener Vortrag vor Bremer Managern im WTC

Können einem kultivierte Manager egal sein? Oh nein! Schließlich ist der kultivierte Manager jemand, der so dynamisch stillsitzt, daß Denkanstöße ihn nicht umhauen. Von jeher mit stetig veränderter Aufgabenbetreuung betraut, begegnet er der sinnvollen Nutzung von Nutzkapazitäten und deren Auslastung mit schlüssiger Vehemenz und stringenter Redundanz.

Und darum war der kultivierte Manager auch Anfang der Woche im World Trade Center zusammengekommen: um seiner Nutzlast im Kopfbereich eine weitere Komponente, — die der Kommunikationsfähigkeit, hinzuzufügen. Mit Michael Löhner war einer der schlagkräftigsten Management- Trainer in unserer schwächlichen Stadt abgestiegen und brachte gleich eine extrem unverwechselbare corporate identity mit — war also identisch mit seiner Unverwechselbarkeit, die, von innen betrachtet, auch Kraftquelle heißt, und von außen Erfolg. Eigentlich waren zwar alle kultivierten Manager in dunkelblaugrau bis dunkelgraubraun erschienen, aber trotzdem und unglaublicherweise sollten alle unverwechselbar mit sich sein.

Gleich zu Anfang konnten die kultivierten Manager zum Schein überlegen, an was sich Menschen, die ohne corporate identity leben müssen, noch orientieren könnten. Die Lösung war: An Ethik und Werten. Kultur hat aber auch gestimmt, schließlich hieß der Vortrag ja Unternehmenskultur. Weil die Unternehmenskultur heutzutage aber eine große Umschlagsgeschwindigkeit von Strukturen hat, was unbedingte Verluste von Bisherigkeiten und galoppierende Selbsttendenzen nach sich zieht, ist von einer Bewahrung des Harmoniemodells abzuraten zugunsten einer Präferenz des Problemlösungskonzepts.

Oder kurz: Erwecken Änderungen in der Unternehmenstruktur nur Konzepteuphorie und sonst gar nichts außer Umsetzungsfrust und Widerstandskumulation, ist darüber hinaus ein Dominanzsignet zu erkennen oder das psychische Ausgleichssegment in der Emotionsbalance gestört, fällt die Erfolgskurve diametral zum Anstieg nach unten.

Wie also Unsicherheit verhindern? Eben mit mehr Unternehmenskultur! Mit Konfliktfähigkeitskultur! Mit Zielkultur! Mit Wirkultur! Mit Fehlerkultur! Mit Visionskultur! Mit Sprechsignalkultur! Mit Handlungswertkultur! Auf jeden Fall mit mehr Interpretamenten!

Sonst ist der Arbeitnehmer in seiner Selbstdefinition und narzißtischen Homöostase, wenn nicht in seiner gesamten Molekularstruktur verletzt! Ansonsten gilt: Bedürfnisbilanzen und Abstimmungen unterbinden, denken Sie an den Utilitarismus! Durchaus auch an Diskurs! Konsens! Kompetenz! Duranz!

Zum Schluß sollte der kultivierte Manager noch versuchsweise kommunikative Welten um sich und seine innere Peripheriestruktur bauen, und ein Struktursystem aus seinen peripheren Erfolgserlebnissen rekonstruieren, etwa den erfolgreichen Wochenendausflug mit der Familie. Obwohl: streng genommen erfolge die endgültige morphologische Gravierung im Gehirn schon im Mutterleib — also Pech für den kultivierten Manager, dessen Mutter in der Schwangerschaft statt Börsennachrichten Onkel Lou oder Lassie gekuckt hat.

Die Manager waren aber alle kultiviert genug, sich Kulturmängel nicht anmerken zu lassen, diskutierten noch ein bißchen semantisch weiterentwickelt und gingen strukturell vehement nach Hause. Wobei die fortgeschrittene Uhrzeit ein schöner Garant für die stattgefundene Impulserfahrung war.

Claudia Kohlhase