Sanssouci
: Nachschlag

■ Yang Lian und Uwe Kolbe lasen im Cafe Clara

Als chinesisch-deutscher Gedichtdialog war die Lesung von Uwe Kolbe und Yang Lian inszeniert, sowohl durch die Anordnung der Vorträge – die von Kolbe gelesenen zum größten Teil unveröffentlichten Gedichte wurden eingerahmt von den Texten Yangs, von diesem selbst auf chinesisch, von seinem Übersetzer Wolfgang Kubin auf deutsch vorgetragen – als auch durch die Auswahl der Gedichte.

Für den Berliner Dichter Kolbe, dessen Gedicht „Daheim (2)“ mit dem Vers „Ich bin's satt, Landsmann zu sein“, bedeutet „Exil“ sicherlich etwas anderes als für Yang, der 1991 in seinem Essay „Die Bedrohung der Schriftzeichen“ schrieb: „Der Weg von der Sprache ins Gefängnis hat in China Tradition.“ Yang lebt seit 1989 in Neuseeland im Exil; von seinen in China erschienenen Büchern sind die meisten verboten. Es sollten sich hier sicherlich auch zeitgenössische, gegenwärtige, eben „moderne“ Gedichte begegnen; Yang, dessen erste Gedichte vor einem Jahrzehnt in der Zeitschrift Heute veröffentlicht wurden, gehörte in China zu der Gruppe Schriftsteller, die die offizielle Kritik als „Obskuristen“ bezeichnet, weil sie die Traditionen hinterfragen. 1991 ist er schon einmal in Berlin gewesen; der Aufenthalt hat in seiner Dichtung Spuren hinterlassen: Ein „Mahnmal“ oder „Kriegerdenkmal“ (gemeint ist die Gedächtniskirche) bezeichnet das chinesische Wort, mit dem das erste der von ihm vorgetragenen Gedichte überschrieben ist. Uwe Kolbe eröffnete seinen Vortrag mit „Das Schweigen. Ein unvollendetes Gedicht für Yang Lian“. „Really?“ fragte dieser, nachdem der Titel verlesen war.

Auch die weiteren von Kolbe vorgelesenen Texte problematisierten Grenzen. Der erste Vers eines der „unvermeidlichen Gedichte, wenn einer in der Villa Massimo war“, lautete „Allein sein und deutsch sein in Rom“, den Japanern entlehnt wurde die Form der dann gelesenen Haikus, innerdeutsche Grenzen hinterfragten – und setzten – die Gedichte aus „Vaterlandkanal“. Mit „Masken und Krokodile“ ergriffen dann Yang und Kubin wieder das Wort. Der Übersetzer kommentierte kurz den noch nicht auf deutsch erschienenen Gedichtzyklus, der demnächst von der Zeitschrift Akzente publiziert wird: Die „Masken“ seien als Abwehr des Bösen zu verstehen, gemeint seien aber auch die Masken der Toten vom „Platz des Himmlischen Friedens“ und die „Masken der Dichter an der Wand der Worte“.

Zurückhaltend kommentiert, ganz auf die Gedichte konzentriert, wurde die Lesung ohne anschließende Diskussion beendet. Iris Michaelis