Asylgrund Sexismus

■ Geschlechtsspezifische Verfolgung soll in Kanada anerkannt werden

Ottawa/Berlin (IPS/taz) – Frauen, die in ihrer Heimat wegen ihrer Geschlechtszugehörigkeit Verfolgungen ausgesetzt sind, sollen künftig in Kanada Zuflucht finden. Diese Änderung der Asylpolitik fordern Frauen- und Menschenrechtsorganisationen nach umstrittenen Entscheidungen der kanadischen Asylbehörden. „Frauenrechte sind Menschenrechte und müssen daher in die Asylgesetzgebung Eingang finden“, betonen VertreterInnen kanadischer Organisationen, die sich für Einwanderinnen einsetzen.

Breites Echo in der kanadischen Öffentlichkeit fand der Fall einer saudiarabischen Asylbewerberin. In ihrer Heimat war sie wegen ihrer feministischen Überzeugung und der Weigerung, einen Schleier zu tragen, verfolgt und inhaftiert worden. Im Fall einer Abschiebung wäre sie in „großer Gefahr“, warnte die Menschenrechtsgruppe „Middle East Watch“. Die zuständige Kommission hatte den Asylantrag zunächst abgewiesen. Einwanderungsminister Valcourt kündigte Ende Januar jedoch an, neue Asylrichtlinien zu erarbeiten. Dabei will die Regierung das UN- Flüchtlingshochkommissariat, Rechtsexperten und regierungsunabhängige Organisationen anhören.

In die öffentliche Diskussion kam das Thema im Vorjahr durch eine Frau aus Trinidad und Tobago. Sie war von ihrem Mann regelmäßig geschlagen worden und später mit Mord bedroht worden, falls sie nach Hause zurückkehren sollte. Das kanadische Bundesgericht befand, daß die von ihr vorgebrachten Gründe für eine Anerkennung in Betracht kommen. Die Einwanderungsbehörde legte dagegen jedoch Berufung ein.

Mit ihrer Weigerung, eine eindeutige Stellungnahme für verfolgte Frauen abzugeben, handelte sich die Regierung zuletzt öffentliche Kritik ein. Valcourt hatte vor einer „Flut“ neuer Asylanträge gewarnt, sollte sexistische Diskriminierung als Asylgrund anerkannt werden.

Jetzt hoffen die Menschenrechtsorganisationen, daß ihr Land international eine Vorreiterrolle einnehmen könnte. Zum Beispiel indem Kanada die Erweiterung des Flüchtlingsbegriffs bei der für 1995 geplanten Vierten Weltkonferenz für Frauen in Peking zur Sprache bringt. nig