Hellseherisch-betr.: Sonderbeilage "Körper und Geist", taz vom 6.2.93

Betr.: Sonderbeilage „Körper und Geist“, taz vom 6.2.93

Seid Ihr denn von allen guten Geistern verlassen? Was soll denn diese taz-Sonderbeilage, in der nur mühsam kaschierter New-Age- Mist verzapft wird? Wenn das ein Versuch sein soll, aus der Ecke des Neo-Okkultismus ein paar neue taz-Leser zu rekrutieren, dann kann ich Euch (hellseherisch) voraussagen: Das geht nach hinten los. Oder seid Ihr einfach auf irgendeinen Esotherik-Fuzzi hereingefallen, der Euch Artikel – und vor allem Anzeigen!!! – aus dem Bereich spiritistischen Unfugs (Geistheilen, Wünschelrutengehen, Warzenbesprechen, Edelsteintherapie, Anzeigen von Mind-Machines, Maharishi-Mahesh-„Yogi-Therapie, Psychtonic etc. pp.) unter dem Deckmäntelchen von Naturheilkunde angedient hat? Rosemarie Fuchsbrunner,

München

Die Sonderseiten sind ja völlig danebengegangen. Wie kommt die taz nur dazu, sich als Forum für derart obskurantistische New- Age-Verfahren wie Geistheilen und Edelsteintherapie zur Verfügung zu stellen?

Besonders das tendenziös geführte Interview mit Prof. H.-L. König über seine Wünschelrutenexperimente kann so nicht stehengelassen werden: das „Erdstrahlenprojekt“ Prof. Königs – in einschlägigen Esoterikblättchen groß herausgestellt als „wissenschaftlicher Beleg für die Fähigkeit der Wünschelrutengänger“ – ist von der „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“ (GWUP: überregionaler Fachverband kritischer Wissenschaftler) hinlänglich relativiert worden: In einer Stellungnahme zu dem umstrittenen (mit 400.000 DM durch das Bundesministerium für Forschung und Technologie geförderten) König-Projekt wird dieses in sämtlichen Einzelpositionen (J. Moll et.al.: von der Versuchsdurchführung und -auswertung her/H. Löb: von physikalischer Seite her/F. Albrecht: von geologischer Seite her/ J. Rand: von Seiten eines Trickexperten) wahrhaft demontiert (Wissenschaftsmagazin Skeptiker 4/98). Auch Studien ausländischer Wissenschaftler (Prof. R. Manne/Norwegen, Prof. N. Edelmann/Finnland), die gegen König sprechen, wurden von der GWUP publiziert (Skeptiker 1/89).

In einer lückenlos dokumentierten, doppelblind angelegten GWUP-Studie (König/Sarma/ Moll) mit 20 Wünschelrutengängern konnten in zwei unterschiedlichen Testformen die behaupteten Leistungen in keinem einzigen Fall erbracht werden (Skeptiker 1/91).

GWUP-Versuchsleiter Prof. Robert König (Uni Gießen) ist übrigens lediglich Namensvetter von Prof. H.-L. König (TU München). Die Universität Marburg hatte mit den Wünschelrutenuntersuchungen nichts zu tun. Vielmehr ist die Präsidentin der GWUP, Prof. Irmgard Oepen, als Rechtsmedizinerin an der Universität Marburg tätig. Frau Prof. Oepen hatte sich an der Diskussion lediglich mit einem medizinischen Fachkommentar über Erdstrahlen (Skeptiker 1/91) beteiligt.

Bei solch wichtigem Thema wie dem um sich greifenden Irrationalismus in der Heilkunde wäre sorgfältigere und kritischere Recherche angezeigt gewesen. Übrigens: Derart platt affirmative Esoterikbeiträge schaden der taz vermutlich mehr als der Wissenschaft. Dr. Colin Goldner, GWUP, München